Das Sonnensystem

Lage, Entstehung, Ausdehnung

Unser Sonnensystem, ein winziges Staubkörnchen in der Leere des Kosmos, liegt im äußeren Drittel einer Spiralgalaxie, der Milchstraße, rund 26 000 Lichtjahre von ihrem Zentrum entfernt am Rand des Orion-Spiralarms, eines kleinen Zwischenarms. Zusammen mit diesem umkreist die Sonne einmal in etwa 230 Millionen Jahren das galaktische Zentrum – mit einer Geschwindigkeit von derzeit 234 Kilometer/Sekunde. Ein solcher Umlauf wird als ein „Kosmisches Jahr“ bezeichnet. Seit ihrer Entstehung hat die Sonne das galaktische Zentrum schon 27-mal umrundet.

Allerdings ist die Bahn unseres Zentralgestirns nicht geschlossen, sondern oszilliert aufgrund der Eigenschaften des Gravitationsfeldes der Milchstraße bei ihrem Umlauf ums galaktische Zentrum alle 33 Millionen Jahre über und unter die rotierende Spiralscheibe. Gegenwärtig befindet sich unser Sonnensystem circa 50 Lichtjahre über dem galaktischen Äquator und bewegt sich mit sieben Kilometer/Sekunde nach „oben“. Seinen nächsten „Höhepunkt“ wird es 250 Lichtjahre über dem Äquator der Scheibe in etwa 14 Millionen Jahren erreichen.

Entstehung des Sonnensystems

Der genaue Zeitpunkt, an dem unser Sonnensystem entstanden ist, wird durch die Kondensation der ersten festen Materie definiert. Man geht heute davon aus, dass dies vor ziemlich genau 4,5676 Milliarden Jahren – mit einer Unsicherheit von nur 30 000 Jahren – geschah. Damals hatte das Universum schon zwei Drittel seiner heutigen Größe erreicht, und die Milchstraße war schon einige Milliarden Jahre alt. Vermutlich entstand etwa 15 Millionen Jahre vor der Geburt der Sonne und der Planeten in einer großen Wolke aus Staub und Gas ein Sternhaufen aus Hunderten oder auch Zehntausenden von Sternen. Darunter befanden sich auch einige sehr massereiche Mitglieder, die schon nach wenigen Millionen Jahren als Supernovae explodierten. Sie verdichteten das umgebende Material, so dass sich hier eine zweite Sterngeneration bildete, welche die Grundlage für eine dritte Generation von Sternen bildete, zu der auch unsere Sonne gehört.

Wo sich heute unser Sonnensystem befindet, erstreckte sich damals eine riesige Wolke von Wasserstoff, Helium und feinem Staub. Schwere Elemente waren von Sternen der vorangegangenen Generationen in Kernreaktionen erzeugt und in den Raum zurückgeschleudert worden, so dass sie sich schon in angemessener Zahl in dem Urnebel befanden. Aus winzigen Einschlüssen in Meteoriten kann man schließen, dass zur Geburt des Sonnensystems sowohl eine Supernova als auch ein massereicher Stern entscheidend beigetragen haben.

Durch die Schockwellen der Supernova wurde das Energiegleichgewicht der ursprünglichen Wolke gestört: Teile von ihr gerieten in Rotation, so auch der Bereich, aus dem später unser Sonnensystem hervorgehen sollte. Dieser Urnebel stürzte in sich zusammen. Da sich sein Umfang dabei verringerte, musste sich die Rotationsgeschwindigkeit erhöhen, um das Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten. Durch die höhere Rotationsgeschwindigkeit flachte sich die Wolke in ihren äußeren Bereichen zu einer Scheibe ab, da hier die Wirkung der Rotation abnahm. Im Zentrum sammelte sich aufgrund die Schwerkraft der Hauptteil der Materie. Magnetfelder halfen dabei, da sie die Rotation einer Gaswolke bremsen, so dass die Materie weiter kontrahieren kann.

Als die Materie im Zentrum der Scheibe eine kritische Masse überstieg, kam es zu einem nuklearen Fusionsprozess: Die Wasserstoffkerne verschmolzen zu Heliumkernen, wobei große Mengen Energie erzeugt wurden. Das geschah nach Berechnungen 33 000 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt – und etwa 200 Lichtjahre oberhalb der galaktischen Ebene. Den glühenden und noch recht losen gigantischen Gasball umkreiste zunächst eine dunkle rotierende Materiescheibe aus dem Material, das noch nicht ins Innere gestürzt war Das Zusammenspiel von Schwerkraft sowie fluiddynamischen und elektrostatischen Effekten verklebte deren einzelne Staubkörner allmählich. Mit der Zeit wuchsen immer größere Agglomerate zu Planetesimalen heran, die innerhalb weniger Millionen Jahren zu Planeten verschmolzen. Vor längstens vier Milliarden Jahren hatte sie ihr Wachstum beendet und ihre heutigen Formen und Umlaufbahnen an- bzw. eingenommen.

Der Sonnenwind (s. u.) und die Strahlung der jungen Sonne (eine tausendmal stärkere UV-Strahlung als heute) pusteten den Rest von Staub und Gas samt einem Großteil der bei der Planetenbildung übriggebliebenen Planetoiden in die Weite des Weltalls. Aus den Resten der Urmaterie rekrutierten sich außer den Monden und Planetenringen auch die Asteroiden und Kometenkerne. Die letzten beiden Gruppen enthalten die ältesten noch verfügbaren Proben von solarer Urmaterie und sind in vielerlei Hinsicht in ihrer Zusammensetzung der Sonnenmaterie sehr ähnlich. Den erdähnlichen Planeten wurde ihre äußere Gashülle weggerissen und sie wurden zu blanken Felskugeln reduziert. Erst nachdem die Sonne diese Phase überwunden hatte, konnten Planeten wie Venus, Erde oder Mars ihre zweite Lufthülle aufbauen. Der Innenraum des Sonnensystems war jetzt frei und durchsichtig.

Sonne

Die Sonne ist ein gewöhnlicher Hauptreihenstern, ein sogenannter Gelber Zwerg (G1), der nach Masse und Helligkeit eine Mittelstellung unter den Sternen der Galaxis einnimmt. Sein (mittlerer) Durchmesser beträgt knapp 1,4 Millionen Kilometer, der Radius misst fast 700 000 Kilometer. In ihrem Kern werden pro Sekunde 500 bis 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium verschmolzen.

Gewaltige Magnetfelder spielen eine zentrale Rolle bei der Sonnenaktivität. Die Wissenschaftler vermuten ihren Ursprung rund 200 000 Kilometer unter der Oberfläche, am Übergang vom inneren Strahlungsbereich zur äußeren Konvektionszone (Tachokline), wo starke Scherkräfte herrschen. Die Magnetfelder werden von dem strömenden Plasma in komplizierter Weise gedehnt und verzogen, wobei sie sich immer wieder verknoten können. Dabei speichern sie Energie (ähnlich, als ob man Gummibänder miteinander verknotet). Gelegentlich reißen die Feldlinien und es kommt zu heftigen Explosionen, die Strahlung (vor allem intensive Röntgenstrahlung) und Wolken heißer, geladener Teilchen ins All katapultieren. Sonnenphysiker kennen heute unterschiedliche Arten von Eruptionen: Flares, Protuberanzen und sogenannte koronale Massenauswürfe. Ihre riesigen Teilchenschauer durchpflügen den langsameren Sonnenwind (s. u.) und beschleunigen durch ihre Stoßwellen manche von dessen geladenen Partikeln auf noch höhere Geschwindigkeiten.

Sonnenwind

Die äußere Atmosphäre der Sonne, die Korona, ist so heiß und unruhig, dass selbst die enorme Gravitation des Gestirns sie nicht mehr fest an sich zu binden vermag. Deshalb strömt beständig ein Partikelwind aus geladenen Teilchen entlang offener Magnetfeldlinien aus der Korona in das Planetensystem ab – in jeder Sekunde Millionen Tonnen. Dieser Sonnenwind besteht überwiegend aus Protonen und Elektronen sowie geringen Beimischungen (2 bis 4%) zweifach positiv geladener Heliumionen (Heliumkerne / Alphateilchen) und geringen Mengen (1%) von schwereren Ionen, darunter Eisen-, Sauerstoff- und Stickstoffkerne. Physikalisch betrachtet handelt es sich bei dem Sonnenwind um ein sehr dünnes Plasma, das bis zu einer Million Grad heiß sein kann. Es hat sein eigenes Magnetfeld, das mit dem Plasma in den interplanetaren Raum hinausströmt.

Typischerweise weht der Sonnenwind mit Überschallgeschwindigkeit (zwischen 400 und 800 Kilometer pro Sekunde) und damit 10 000-mal so schnell wie irdische Orkane. (Im äquatornahem Bereich der Sonne wird der Sonnenwind durch Störungen im Sonnenmagnetfeld stark gebremst; in polaren Regionen sind die Magnetfeldlinien offen und wirken als Beschleuniger – gleichzeitig herrscht dort ein viel größerer Druck im dünnen Gas.) Weil sich die Sonne in 27 Tagen einmal um ihre Achse dreht, wird das Plasma auf Spiralbahnen gezwungen und aufgefächert, so dass ein komplexes Strömungsmuster entsteht.

Planeten

Die Sonne wird von acht Planeten umkreist. Ein Planet ist laut der Internationalen Astronomischen Union (IAU) definiert als ein Himmelskörper, der rund ist und einen Stern umläuft, ohne selbst ein Stern oder Begleiter eines Planeten zu sein. Zudem müsse er seine Umlaufbahn freigeräumt haben – was allerdings nur für unser Sonnensystem und nicht für andere Planetensysteme seine Gültigkeit haben soll. Pluto musste nach dieser Definition aus dem Klub der solaren Planeten entfernt werden und wird heute als „Zwergplanet“ eingestuft.

Die vier inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars sind Gesteinsplaneten, bei denen aufgrund zu geringer Masse eine Kernfusion nicht in Gang kam. Der Merkur umkreist die Sonne in einem mittleren Abstand von 58 (46 bis 70) Millionen Kilometern, die Venus in einem Abstand von 108, die Erde (mit ihrem Mond) von rund 150 und der Mars (mit zwei Monden) von 228 Millionen Kilometern. Der mittlere Abstand Erde – Sonne wird als Astronomische Einheit (AE) zur Angabe von Entfernungen im weiteren Sonnensystem verwendet.

In einer Entfernung von rund 329 bis 478 Millionen Kilometern (zwischen 2,2 und 3,2 AE) von der Sonne – zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter – liegt ein breiter gürtelförmiger Bereich aus mehr als 10 Millionen unregelmäßig geformten, rotierenden Gesteinsbrocken unterschiedlicher Größe (von Kieselsteinen bis hin zu Brocken von mehr als einem Kilometer): der Asteroidengürtel. Es sind kleine Himmelskörper, die bei der Bildung der großen Planeten übrig geblieben sind und in gewöhnlich stabilen, kreisförmigen Bahnen die Sonne umkreisen. Zwischen ihnen liegen allerdings gewaltige Abstände, und zusammen erreichen sie nicht einmal die Masse des Erdmonds.

Weiter außen folgen die vier Gasplaneten (oder Eisplaneten), die alle beringt sind und Monde besitzen, unter ihnen auch sogenannte irreguläre Monde, welche die Riesenplaneten in großem Abstand und auf ungewöhnlichen Bahnen umkreisen. Der größte Planet unseres Sonnensystems, der Jupiter, zieht seine Kreise um unser Zentralgestirn in einer mittleren Entfernung von 5,2 AE. Seine Masse ist etwa doppelt so groß wie der aller anderen Himmelskörper unseres Sternsystems (außer der Sonne) zusammengenommen. Er ist aber noch tausendmal kleiner als die Sonne. Der Saturn rotiert in einem Abstand von 9,6 AE um unseren Zentralstern. Hinter einem weiteren Asteroidengürtel, den Zentauren, befindet sich die Umlaufbahn des Uranus, des drittgrößten Planeten des Sonnensystems, durchschnittlich 18,8 AE von der Sonne entfernt. Der äußerste Planet ist der Neptun in einem Abstand von 29,8 AE zur Sonne.

Die Bahnen der Planeten und kleineren Himmelskörpern resultieren aus einem sehr stabilen, wohlabgestimmten Gleichgewicht zwischen der Anziehungskraft der Sonne und der Zentrifugalkraft, die durch die Eigenbewegung der Objekte hervorgerufen wird, sowie der gegenseitigen Anziehung der Himmelskörper.

Hinter der Neptunbahn befindet sich in einem Abstand von 30 bis 55 AE von der Sonne der Kuipergürtel, ein vergrößertes Abbild des Asteroidengürtels. Er bildet einen dünnen Ring aus vermutlich Milliarden von eisigen Objekten verschiedener Größe, die einst vermutlich von Neptuns Gravitationskraft auf ihre elliptischen Bahnen geschleudert wurden. Zu den Kuiper-Objekten zählt man auch Pluto und Charon sowie den Neptuntrabant Triton. Die Schwerkraft des Neptun kann die Bahnen der Eiskörper nicht nur stabilisieren, sondern auch derart stören, dass sie aus ihren Bahnen geworfen werden und ins Innere des Sonnensystems gelangen. Der Kuipergürtel gilt als Hauptquelle der kurzperiodischen Kometen.

Nach unseren heutigen Berechnungen befindet sich in einer Entfernung von 300 bis 100 000 AE (rund 1,6 Lichtjahre) eine riesige kugelförmige Region aus 100 Milliarden Körpern unterschiedlicher Größe – die Oortsche Wolke. Es sind meist locker zusammengeballte Brocken aus Eis, Gestein und diversen organischen Substanzen, die trotz ihrer immens hohen Zahl in einem Abstand von im Mittel einigen 10 Millionen Kilometern voneinander das Zentrum des Sonnensystems umlaufen. Es sind die wahrscheinlich ältesten Überbleibsel des solaren Urnebels, die aufgrund von Gezeitenkräften* sowie dem Einfluss nahe gelegener Sterne und Dunkelwolken auf einer meist ruhigen Bahn gehalten werden.

*Die Gezeitenwirkung rührt daher, dass einerseits die Sonne bei ihrem circa 230 Millionen Jahre dauernden Umlauf um das galaktische Zentrum eine periodische Bewegung senkrecht zur Scheibe des Milchstraßensystems sowie in radialer Richtung vollführt, und andererseits die Oortsche Wolke so ausgedehnt ist, dass galaktische Scheibe und (in geringerem Maße) galaktisches Zentrum leicht unterschiedliche Anziehungskräfte auf die Körper darin und unsere Sonne ausüben.

Die Oortsche Wolke wurde noch von Niemandem direkt nachgewiesen. Ihre Existenz wird aber postuliert, um den Ursprung (die Quellregion) der aus allen Richtungen einfallenden langperiodischen Kometen zu erklären. Da die Eis- und Staubbrocken aufgrund des enormen Abstands zur Sonne gravitativ nur schwach an deren Schwerkraftfeld gebunden sind, können Störkräfte, etwa die Anziehung von in unserer galaktischen Umgebung vorbeiziehenden Sternen, die Bahnen der Körper in der Oortschen Wolke empfindlich beeinträchtigen. Dadurch werden immer wieder einige aus ihrer Bahn geworfen und in den interstellaren Raum hinauskatapultiert und können sich auf diese Weise auch nach einer Reise von Tausenden oder Millionen Jahren auf langgestreckten Ellipsen dem Sonnensystem nähern und in seine inneren Bereiche vordringen.

Ausdehnung

Die geladenen Teilchen des Sonnenwindes verdrängen das interstellare Plasma (eine Mischung aus Gas, Plasma und Staub) und fegen eine ausgedehnte Blase um die Sonne frei. Diese Heliosphäre bildet gleichsam eine Schutzhülle vor der Kosmischen Strahlung, der Teilchenstrahlung des interstellaren Mediums. Die Außenbereiche des Sonnensystems sind ein komplexes und turbulentes Gebiet, das sich in mehrere Bereiche unterteilt. Wo sich dem Sonnenwind das interstellare Plasma entgegenstellt, spricht man vom „Terminationsschock„. Da beide Medien Magnetfelder mit sich führen, können sie sich nicht gut miteinander vermischen. Der Sonnenwind wird hier abrupt von Überschall- auf Unterschallgeschwindigkeit abgebremst. Daher der Name Terminationsschock. Die Grenzschichten des Sonnenwinds werden hier zusammengedrückt und verdichtet und dadurch um ein Vielfaches erhitzt.

Die kosmischen Strahlen werden zumeist nach außen abgelenkt, jedoch nicht vollständig aufgehalten. Zwar können geladene Teilchen (Ionen) nicht gegen den Strom des magnetisierten Sonnenwind-Plasmas ins Sonnensystem eindringen. Aber das interstellare Medium besteht zu mehr als der Hälfte aus elektrisch neutralen Atomen, die beispielsweise vom Wind fremder Sonnen oder Überresten explodierter Sterne stammen. Diese können nicht durch Magnetfelder aufgehalten werden. Sobald sie in den Einflussbereich der Sonne gelangen, wechselwirken sie allerdings mit dem Sonnenwind, wobei die meisten Atome durch Zusammenstöße oder UV-Strahlung irgendwann Elektronen verlieren und vom Sonnenwind wieder in die Gegenrichtung mitgerissen werden. Einigen, relativ wenigen, gelingt aber die lange Reise ins innere Sonnensystem.

Umgekehrt dringt auch der Sonnenwind weiter ins All hinaus und bewegt sich jenseits des Terminationsschocks durch die sogenannte Sonnenscheide (Heliosheath). In dieser etwa 30 AE breiten Region sollen sich interstellare und solare Felder miteinander vermischen und miteinander wechselwirken. Allerdings ließ sich eine Richtungsänderung des Magnetfelds nicht feststellen. Womöglich koppeln einige magnetische Feldlinien der Sonne an solche aus der galaktischen Umgebung, wodurch sich beide angleichen.

Mit zunehmender Entfernung von der Sonne sinkt der Heliosphärendruck auf das interstellare Medium. Gleichzeitig nimmt der Gegendruck des interstellaren Windes immer weiter zu, bis er schließlich so hoch ist wie der Druck des Sonnenwindes. Hier liegt die äußere Grenze der Heliosphäre, die Heliopause, hinter der der interstellare Raum liegt. Forscher schätzen die Grenze auf höchstens so dick wie ein Sonnenradius. Das Plasma wird hier dichter und kühler.

Die äußere Struktur der Heliosphäre ist unbekannt. Sie wird oft wie eine Kugeloberfläche oder mit einem Schweif, also im rückwärtigen Bereich etwas verlängert, dargestellt. Nach neuesten Messungen scheint die Heliosphäre tief zerfurcht zu sein, mit enormen Einbuchtungen. Dies lässt eine croissantähnliche Form als möglich erscheinen. Entsprechend dem 11-jährigen Aktivitätszyklus der Sonne bewegt sich die Heliopause wahrscheinlich – sie „atmet“. Aber nicht nur die Sonnenaktivität, sondern auch der Einfluss des interstellaren Mediums in unserer Nachbarschaft schwankt anscheinend sehr. Die Wechselwirkung zwischen Sonne und interstellarem Raum scheint demnach erstaunlich dynamisch zu sein. Da sich unser Sonnensystem mit einer Eigengeschwindigkeit von 25 Kilometer/Sekunde gegen das interstellare Medium bewegt, entsteht eine Bugwelle, an der die Kollision der Partikel des interstellaren Mediums mit denen des Sonnensystems besonders heftig ist. Daher sollte die Heliopause hier auch anders aussehen als seitlich oder hinten.

Die beiden Ende der 1970er Jahre gestarteten Voyager-Sonden haben inzwischen die Heliopause durchquert: Voyager 2 im Jahre 2012, Voyager 1 2018 (119 AE von uns entfernt). Die Durchstoßpunkte der beiden Sonden lagen 160 AE voneinander entfernt. Voyager 1 trat an der Vorderseite der Heliosphäre (am „Bug“) aus, während sich Voyager 2 näher an einer der Flanken befand. Bei Voyager 2 war die Heliopause dünner und glatter; außerdem wurde eine Region zwischen der Heliopause und dem interstellaren Raum registriert, in dem solare und interstellare Winde noch interagieren. Die Sonden sind inzwischen so weit entfernt, dass ein lichtschnelles Funksignal bis zu Voyager 1 knapp 22 Stunden, bis zu Voyager 2 gute 18 Stunden braucht. Jeden Tag entfernen sie sich von uns um weitere drei bis vier Lichtsekunden (eine Lichtsekunde = 299 792 Kilometer). Beide senden aber immer noch Daten zur Erde. Ihre einzige Verbindung ist das Deep Space Network der NASA: Drei Antennenkomplexe, die rund um den Erdball verteilt sind.

Die Grenze des interstellaren Raums darf aber nicht mit der Grenze des Sonnensystems verwechselt werden. Der Schwerkrafteinfluss der Sonne reicht noch zumindest bis zur Oortschen Wolke (bis zu 100 000 AE entfernt), die ja noch locker an das solare Gravitationsfeld gebunden ist (s. o.). Die Voyager-Sonden werden den inneren Rand des Eis- und Gesteinsgürtels frühestens in 300 Jahren erreichen.

Das am weitesten entfernte bekannte Objekt im Sonnensystem ist „2018 VG18“ – mit einer Distanz von aktuell 132 AE zur Sonne. Der Himmelskörper benötigt 930 Jahre für einen Umlauf um unser Heimatgestirn. Jedes Mal kreuzt er dabei die Umlaufbahn des Neptun. Dessen Anziehungskraft könnte der Grund für seine so große und langgestreckte Bahn sein, die bis auf 27 AE an die Sonne heranführt und deren sonnenfernster Punkt bei 175 AE Abstand liegt.

Lage

In einem Umkreis von 33 Lichtjahren sind über 380 Sterne bekannt – mehrheitlich Rote Zwerge (die kleinsten Sterne, in deren Zentrum eine Kernfusion stattfindet). Innerhalb von zehn Lichtjahren um unsere Sonne herum kennen die Astronomen nur elf stellare Objekte. (Im einstigen Geburtshaufen der Sonne befanden sich im selben Volumen über 1000 Sterne.) Der näheste Stern ist von uns aus gesehen derzeit Proxima Centauri, 4,22 Lichtjahre entfernt. Er ist Teil eines Mehrfachsystems und umkreist in weitem Abstand (0,22 Lichtjahre) das Doppelsystem aus Alpha Centauri A und Alpha Centauri B. In rund 10 000 Jahren wird das Sternsystem nur noch 3,5 Lichtjahre entfernt sein.

Der nächstfolgende Stern ist Barnards Pfeilstern (Barnards Stern) – ein Roter Zwerg, der seinen Namen erhielt, da er der schnellste über den irdischen Himmel ziehende Stern ist -, 5,98 Lichtjahre von uns entfernt. Sein Alter wird auf 10 Milliarden Jahre geschätzt. Er bewegt sich auf uns zu und wird in 10 000 Jahren am Sonnensystem vorbeiziehen. Ein weiterer naher Stern ist Sirius A, 8,6 Lichtjahre entfernt, der hellste Stern am Nordhimmel mit der 26-fachen Leuchtkraft und der doppelten Masse der Sonne. Sein Begleiter, Sirius B, ist der nächste, nur mit dem Teleskop sichtbare Weiße Zwerg (der kompakte Rest eines Sterns mit etwa Sonnenmasse). Ross154 (9,7 Lichtjahre von uns entfernt) und Ross248 (10,4 Lichtjahre entfernt) sind Rote Zwerge. Ross248 wird in 37 000 Jahren der nächstgelegene Stern sein, der von uns dann nur noch drei Lichtjahre weg ist.

Die Sonne befindet sich heute innerhalb der Lokalen Blase, einer mit dünnem und heißem Gas gefüllten, vergleichsweise leeren Region. Sie bildete sich, als vor rund 14 Millionen Jahren etwa 15 massereiche Sterne explodierten. Die Strahlung, Schockwellen und Gasströme dieser Supernovae schoben das interstellare Medium nach außen. Daher sind heute Molekülwolken und Sternwiegen am Rand der Blase aufgereiht.

Beim Ausbruch der ersten Supernovae war unser Sonnensystem in einer sicheren Entfernung von rund 1000 Lichtjahren. Vor etwa fünf Millionen Jahren führte dann der galaktische Orbit unsere Sonne direkt in die Lokale Blase. Unser Zentralgestirn zieht derzeit durch eine Gruppe relativ dünner Wolken, die sich in die gleiche Richtung bewegen, angetrieben wahrscheinlich von einem Wind einer weiteren Supernova-Explosion, die sich vor einigen Millionen Jahren ereignet hat. Durch puren Zufall befindet sich unser Sonnensystem momentan fast genau im Zentrum der Lokalen Blase, einer Zone mit dem Namen Local Fluff („Lokale Flocke“). Hier ist das interstellare Medium mit 6000 bis 7000°C deutlich kühler und weniger dicht. (In einem Würfel von 10 Zentimeter Kantenlänge stecken gerade mal 100 Atome – interstellare Wolken können anderswo durchaus 100mal so dicht sein.)

Neue Messungen zeigen indessen, dass sich die kosmische Nachbarschaft unerwartet schnell verändert: Die Richtung des interstellaren Windes hat sich demnach in den letzten 40 Jahren um mehrere Grade gedreht. Das heißt, momentan scheint sich die Sonne entweder am Rand oder in einem turbulenten Bereich innerhalb des Flocken-Wölkchens zu befinden. Dieses wird unser Sonnensystem in rund 70 000 Jahren verlassen. Trotzdem ist auch in den nächsten Millionen Jahren nicht damit zu rechnen, dass wir in stürmisches Fahrwasser geraten.

REM

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