Das menschliche Gehirn
Meist stellen wir uns beim Gedanken an dieses wichtige Körperorgan eine grau-feuchte Masse vor. Dabei hat das Gehirn auf Grund der feinen Blutgefäße äußerlich ein eindeutig rotes Aussehen, während es in tieferen Schichten rötlich-braun bis gelblich-braun erscheint. Grau wird es erst, wenn es mit chemischen Mitteln konserviert wird.
Die dichtgepackten Nervenzellen (Neurone) sind die grundlegenden Elemente der Informationsverarbeitung. Unser Gehirn enthält nach neueren Untersuchungen 87 Milliarden davon, hinzu kommen 86 Milliarden andere Zellen, vor allem Gliazellen. Im einfachsten Fall kann man Neurone als Gleichrichter auffassen, die ankommende Informationen aufnehmen und zu den Synapsen weiterleiten, wo sie auf eine Empfängerzelle weitergegeben werden. Aber auch die Gliazellen sind maßgeblich an Hirnprozessen beteiligt: Sie bilden isolierende Myelinhüllen um die Neurone, helfen bei der Strukturierung des Zellgeflechts, regen zur Bildung von Synapsen an, sorgen für ein optimales chemisches Milieu und wachen über den Gesundheitszustand des Gehirns.
Das Zentralorgan des Menschen wiegt durchschnittlich 1350 Gramm und benötigt extrem viel Stoffwechsel-Energie: Bei nur etwa 2% der Körpermasse beansprucht es durchschnittlich 15 bis 18% der gesamten vom Grundstoffwechsel bereitgestellten Energie. Bei Kindern ist der Verbrauch noch höher. Mindestens zwei Drittel des Energiebedarfs im Gehirn entfallen dabei auf die Synapsen. Ein komplexes Zusammenspiel von chemischen Reaktionen und Stoffkreisläufen macht die Energie verfügbar und sorgt dafür, dass Denken, Fühlen und Handeln funktionieren.
Bedeutung des Gehirns
Das Gehirn bestimmt wie kein anderer Körperteil unsere Identität und gilt als Sitz der geistigen Fähigkeiten des Menschen und der Verhaltenssteuerung. In diesem Organ ist unser Wissen verankert, und in seinen Strukturen und Prozessen liegen die Wurzeln unserer Persönlichkeit. Es steuert und koordiniert unsere Bewegungen, es vermittelt uns Gefühle und Wahrnehmungen und ermöglicht es uns, über das Medium der Sprache mit anderen zu kommunizieren. Es räumt uns die Freiheit des Denkens ein, eine erstklassige Muster erkennende, Theorien erstellende, Informationen verarbeitende Überlebensmaschine. Es ist aber auch ein Organ der Verhaltenssteuerung und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung sämtlicher lebenserhaltender Körperfunktionen (Schlafen, Atmung, Kreislauf, Verdauung usw.) und ist an der Steuerung des Hormonhaushalts des Körpers beteiligt.
Vielleicht ahnten die Menschen der Vorzeit vor Tausenden von Jahren bereits die Bedeutung des Gehirns, weshalb sie die Gehirne erschlagener Feinde verspeisten, um die Eigenschaften der Opfer anzunehmen, wie einige Forscher vermuten. Vielleicht verzehrten sie das Organ aber auch nur, weil es auch im ungekochten Zustand eine leicht zu kauende Speise war.
Alkmaion von Kroton leitete vor 2600 Jahren aus Gehirnsektionen von Tieren und Menschen ab, dass das Organ eine zentrale Rolle beim Wahrnehmen und Denken spielt. Hippokrates war der Überzeugung, dass die Luft, sobald der Mensch sie eingeatmet habe, im Gehirn Denkfähigkeit und Einsicht hinterlasse. In der Antike drehte es sich in diesem Zusammenhang immer um den Hauch, den Atem (Pneuma), dann auch die Seele, die ja entflogen ist, wenn der Atem stillsteht. Die Seele lieferte so eine Erklärung dafür, dass Organismen belebt sind – eben „beseelt“, englisch „animated“. In der Schöpfungsgeschichte der Offenbarungsreligionen bekommen die Lebewesen göttlichen Atem eingehaucht, der den Körper beim Tod wieder verlässt. Für viele Jahrhunderte prägte die Pneuma-Lehre das Bild von der Leistungsfähigkeit des Gehirns und beeinflusste die Hirnforschung sogar bis ins 18. Jahrhundert.
Die Idee einer unvergänglichen Essenz des Menschen, eine Seelenvorstellung, scheint schon sehr alt zu sein. Bereits in den Höhlenmalereien von Lascaux ist der Geist der Toten als Vogel dargestellt. Der Begriff eines unstofflichen und unsterblichen Geistes geht auf orientalische Vorstellungen zurück. Hinter Atem steckt etymologisch der Sanskritausdruck „atman„. Im Hinduismus ist „Jive“ (Jivatman), ein feinstofflicher, unsichtbarer Leib, Träger der individuellen Persönlichkeit. Er entspricht der unsterblichen, immateriellen Seele und verkörpert sich immer wieder. Als erster Denker des Abendlands formulierte der Naturphilosoph und Zahlenmystiker Pythagoras von Samos vor über 2500 Jahren eine Theorie der Seelenwanderung und Wiedergeburt.
Im Buddhismus gibt es nicht die Idee einer persönlichen Seele, sondern einer einzigen Seele, die oft als der „eine Geist“, das „Ungeborene“, die „Buddha-Natur“ oder Ähnliches bezeichnet wird. Sie hat keinen Anfang und ist wie der Raum – ohne Grenzen. Aus diesem Verständnis heraus wird nicht eine individuelle Seele wieder und wieder geboren, sondern es ist Gott selbst, der sich inkarniert. Das, was wir als Seele bezeichnen, ist schon das Nirwana.
Auch der Philosoph Platon (428 bis 348 v. Chr.) hat seine Todesmetaphysik von der im asiatischen Raum allgemein ausgeprägten Geisteshaltung übernommen. Er glaubte an eine unsterbliche Seele, die in einem vom Körper abgeschiedenen Bereich im Kopf existiert und über die sterblichen Teile der Seele in Herz und Bauch herrscht. Mit dem Tod löst sich die unsterbliche Seele von den Fesseln des Körpers und tritt in das lichte Reich der Ideen ein. Nach Platons Lehre gibt es also eine immateriell-geistige Welt, die neben der energetisch-materiellen Welt existiert, was als Dualismus bezeichnet wird: Leib und Seele sind zwei unterschiedliche Stoffe, von denen der eine unsterblich, der andere vergänglich ist. Der Philosoph plädierte für das Gehirn als Sitz von Gedächtnis, Vernunft und Verstand.
Für Aristoteles (384-322 v. Chr.) war das Gehirn hingegen nicht mehr als eine Art Kühlelement für das vom Körper erhitzte Blut. Er betrachtete das Herz als das Zentralorgan des Menschen. Lange Zeit blieb diese Sichtweise sehr einflussreich und hinterließ Spuren sogar bis in unsere Alltagssprache hinein: So nehmen wir uns gelegentlich wohl etwas „zu Herzen“ statt „zu Hirne“. Bei Aristoteles ist die „denkende Seele“ unsterblich. Ob es sich dabei um eine individuelle Unsterblichkeit oder nur eine Rückgliederung in die göttliche Vernunft handelt, ist nicht ganz klar.
Die Vergänglichkeit des Körpers verbunden mit der Unsterblichkeit des Seele – der Körper-Seele-Dualismus – beeinflusste viele Religionen bis hin zur Gegenwart. Der Seelenbegriff wurde, vermittelt durch die platonische Philosophie, auch ins Christentum übernommen. Nach dessen Verständnis besteht der Mensch aus zwei Teilen: einem sterblichen Leib und einer unsterblichen Seele, die während eines irdischen Lebens eine Verbindung auf Zeit eingehen. Der Daoismus ist eine der wenigen Religionen, in denen es kein Leben nach dem Tod gibt. Körper und Seele zerfallen im Tod zu Qi, was soviel wie Energie bedeutet.
In den Augen Thomas von Aquins bedarf die menschliche Seele eines Körpers, um zu denken und zu fühlen. Unser Körper ist folglich so etwas wie ein Empfänger dieses Geistes, ein sehr komplexer Empfänger mit sehr vielen Möglichkeiten zur Variation des Empfangs allerdings. Erst im 16. Jahrhundert setzte sich in der Wissenschaft die Ansicht durch, das Nervengewebe selbst beherberge unsere geistigen Fähigkeiten. Die Entdeckung des Blutkreislaufs und die Charakterisierung des Herzens als Blutpumpe wirkten sich so aus, dass das Herz jedenfalls nicht mehr als Sitz des Geistes und der Seele dienen konnte. Der Flame Andreas Vesalius (1514-1564) fertigte beeindruckende Zeichnungen über das Gehirn an, die der damals populären Ventrikel-Theorie folgten: Demnach zirkuliere in den Hohlräumen des Gehirns das „Pneuma“, das von hier aus in den Körper gelange und diesen beseele.
Der französische Philosoph Rene Descartes (1596-1650) ist einer der wichtigsten Vertreter des Substanzdualismus, also dass Leib und Seele zwei grundverschiedene Substanzen seien. Während die Organe des Körpers als „res extensa“ alle Kennzeichen räumlich ausgedehnter Materie erfüllten, gehörten Ideen, Urteile und Entschlüsse unzweifelhaft einer immateriellen Sphäre des Geistigen an, die Descartes „res cogitans“ nannte. Nach seinem streng dualistischen Standpunkt ist also Geist Erkenntnis – Sein Materie. Obwohl aber Leib und Seele verschiedenen, voneinander getrennten Sphären angehören, interagieren sie trotzdem in irgendeiner Weise fortwährend miteinander. Zu erklären, wie sich beide Sphären gegenseitig beeinflussen, wurde zum zentralen Problem des Dualismus.
Diese Zweiteilung des Menschen in Geist und Materie hat Eingang in die modernen Wissenschaften gefunden und liegt deren Einteilung in Geistes- und Naturwissenschaften zu Grunde. Noch heute vertreten manche Philosophen und die meisten Theologen die Ansicht, dass Geist als ein immaterielles, unräumliches und gegebenenfalls auch unsterbliches Etwas überhaupt nichts mit dem materiellen Gehirn zu tun habe, sondern einer ganz eigenen Welt angehöre. Der Geist existiert in diesem Sinne also „unabhängig von den physikalischen Teilchen“ und sei demnach kein „Gefangener der Materie“. Damit hätten wir die bemerkenswerte Doktrin, dass die Welt der Materie und Energie nicht vollständig abgeschlossen ist.
Auch der Gehirnforscher John Eccles (1996 verstorben) glaubte nicht an einen neuronalen Ursprung des menschlichen Geistes, sondern betrachtete diesen als göttliche Schöpfung und eigenständige Existenzform. Er sah in mental-geistigen Prozessen ein stammesgeschichtlich grundsätzlich neuartiges und einmaliges Phänomen, das physikalisch-chemischen Beschreibungen nicht zugänglich sei. Die menschliche Seele wirke lenkend auf die hirnphysiologischen Prozesse ein.
Bei aller Verschiedenheit der Seelenvorstellungen quer durch Epochen und Kulturen prägte die Idee einer unsterblichen Essenz also jahrhundertelang das Selbstverständnis des Menschen. Dieser innere, immaterielle Wesenskern wurde nicht nur Menschen, sondern manchmal auch Tieren und sogar Objekten zugeschrieben. Im Laufe der Geschichte wurden die Begriffe Seele und Geist von philosophischer, psychologischer und klinisch-neurologischer Seite beschrieben und diskutiert und mit verschiedensten Bedeutungsnuancen aufgeladen. Der Zusammenhang zwischen den geistigen Phänomenen (wie Denken, Fühlen, Wahrnehmen) und materiellen Prozessen, z. B. im Gehirn, wurde zu einer Grundfrage der Neurophilosophie, dem Leib-Seele-Problem.
Ludwig Wittgenstein und die Vertreter der analytischen Philosophie betrachteten das Leib-Seele-Problem als Scheinproblem. Schon die Frage, wie mentale und biologische Zustände zusammenpassen, sei falsch. Denn Menschen können auf unterschiedliche Weise beschrieben werden – etwa mit biologischen und geistigen Begriffen. Scheinprobleme entstünden immer nur dann, wenn wir ein bestimmtes Vokabular im falschen Kontext anwenden und so verschiedene Beschreibungsweisen aufeinander reduzieren. Deshalb entstünde begriffliche Verwirrung, wenn wir im Gehirn (biologische Vokabel) nach mentalen Zuständen (geistiges Vokabular) suchen. Vielleicht, so der Verdacht, habe die jahrtausendelange Rede von „Leib und Seele“, „Körper und Geist“, „Soma und Psyche“ dazu geführt, dass man nur noch in diesen Kategorien dachte und sie schließlich für real hielt.
Heute wird zwar von kaum jemand bezweifelt, dass beim Menschen das Gehirn eine notwendige Voraussetzung für geistige Leistungen, d. h. für Wahrnehmung, Vorstellung und Denken, ist. In der Frage allerdings, welchen Grad von Autonomie der Geist gegenüber dem Gehirn hat und wie eng die Beziehung zwischen Gehirn und Geist ist, prallen heute naturwissenschaftliche Auffassungen mit unterschiedlichen philosophischen, religiösen und ideologischen Grundüberzeugungen zusammen.
Ein streng dualistischer Standpunkt , der den Geist als eine vom Gehirn unabhängige, autonome Wesenheit ansieht, ist mit dem gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand allerdings nicht zu vereinbaren. In der Neurowissenschaft spricht nichts für eine Aktivierung durch einen reinen Geist. Dagegen sprechen z. B. die neurowissenschaftlichen Beobachtungen: Ihnen zufolge können körperliche Störungen die Psyche systematisch verändern. Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen geistigen Fähigkeiten und Gehirnzuständen.
Die meisten heutigen Bewusstseinsphilosophen halten den Dualismus deswegen für unvertretbar, weil man dann unterstellen müsste, dass geistige Ereignisse irgendwie ins Räderwerk der Energieerhaltung und Energietransformation der rein natürlichen Vorgänge eingreifen müssten. Die Naturgesetze lehrten aber, dass nichts kausal in ein Geschehen eingreifen kann, das selber nicht über Energie verfügt und damit materiell ist. Naturwissenschaftler haben heute also wenig Grund, an eine Seele zu glauben. Vertraut man auf ihre Erklärungen, gibt es für eine Seele keine Anzeichen. So fand der französische Arzt und Philosoph Julien Offray de La Metrie schon im 18. Jahrhundert für eine im Körper agierende Seele keinen Beweis. Er beschrieb den Menschen als eine nach rein mechanischen Prinzipien funktionierende Maschine, die keiner vernunftbegabten Seele bedürfe.
Die Trennung von Körper und Bewusstsein, Leib und Seele, erscheint jedenfalls heute als ein Relikt alter Zeiten, von dem sich die Forscher lange verabschiedet haben. In den vergangenen hundert Jahren verschwand so der Begriff Seele nahezu völlig aus der Psychologie, der Wissenschaft vom Erleben und Verhalten. Er kommt heute auch in den Theorien der Hirnforscher so nicht mehr vor. Er wird nicht mehr benötigt, meint der Philosoph Thomas Metzinger. Im Alltag müssen wir uns aber oft anstrengen und gleichsam mit analytischer Skepsis gegen einen Strom intuitiver Überzeugungen anschwimmen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass sich im Körper keine übernatürliche Seele verbirgt.
Oliver Sacks, Neurologe an der Medical School in New York, kann sich „keinen Seins-Raum für ein geistiges Prinzip vorstellen, das sich nicht vollständig im Körper ausdrückt“. Wenn man aber mit der Seele die Gesamtheit einer Persönlichkeit meine – deren Hoffnungen und Streben, religiöse, erotische und ästhetische Empfindungen -, dann gebe es sie natürlich. In diesem Sinne kennzeichnet die Seele eine Person als einzigartiges Individuum – und ebenso kennzeichnet sie dessen Nervensystem als von allen anderen verschieden. „Was wir Seele nennen, ist verkörpert und verliert dadurch weder seine Würde noch seine Schönheit.“
Stand heute
Die Neurowissenschaften gehen heute von drei zentralen Grundannahmen aus:
- Das Gehirn gehorcht physikalischen Gesetzen (den Gesetzen der Klassischen Physik).
- Verhalten ist das Resultat von Informationsverarbeitung im Gehirn.
- Diese Informationsverarbeitung beruht auf entsprechenden physikalische Vorgängen.
Geist ist demnach untrennbar an Materie gebunden. Seine Existenz unabhängig vom Körper ist eine Fiktion. Geistige Vorgänge spielen sich im Rahmen und auf der Grundlage messbarer physikalischer und physiologischer Prozesse ab. Sie sind durch die aktuellen Aktivierungszustände determiniert, die wiederum vom Genom, der Lerngeschichte (Erfahrung) und den momentanen Reizgegebenheiten (Umwelt) abhängen. Dabei wird das bewusste Erleben entweder mit dem zugehörigen Hirnprozess gleichgesetzt oder als durch diesen notwendig verursacht. Es ist also kein mysteriöser Vorgang, wenn die informationsprozessierenden Eigenschaften des Gehirns bewusst werden. Nach dieser heute weit verbreiteten Sichtweise ist das Geistige also ein Produkt oder eine Begleiterscheinung neuronaler Prozesse, quasi ein Attribut der Materie oder der physikalischen Welt.
Mentale Ereignisse, alle Gedanken, Gefühle, Wünsche und Überzeugungen sind also mit bestimmten funktionalen Zuständen (neuronalen Zuständen) des Gehirns identisch oder entsprechen diesen zumindest unmittelbar. Sie beruhen auf Verknüpfungen zwischen Nervenzellen. Gerade die Verknüpfungspunkte, die Synapsen, sind die eigentlichen geistproduzierenden Stellen – wenn man das so ganz reduktionistisch sagen darf. Der Prämisse folgend, dass jeder geistige Zustand aus Vorgängen im Gehirn besteht, suchen heute Neurowissenschaftler nach dem Geist tief in den Windungen unseres Denkorgans.
[Einige Argumente sprechen neben neuropsychologischen Befunden zur Epilepsie und transzerebralen Magnetstimulationen für die zentrale Stellung des Schläfenlappens (ein Teil des Großhirns) und des damit assoziierten Limbischen Systems (Hypothalamus, Hippocampus, Amygdala) bei spirituellen oder religiösen Erlebnissen. Manche Wissenschaftler bezeichnen diese Strukturen daher metaphorisch sogar als „Sitz der Seele“.]
Nach Ansicht des britischen Philosophen Gregory Bateson sind Geist, Verstand und Intelligenz unausweichliche Konsequenzen einer gewissen Komplexität, die einsetzt, lange bevor die Organismen ein Gehirn und ein höheres Nervensystem entwickelten. Die Geistestätigkeit wird dabei als die Organisation aller Funktionen dargestellt: auf niederer Ebene oft als Verhalten, auf höherer Ebene der Komplexität jedoch nicht auf Verhalten beschränkt, da es dort eigentümliche nichträumliche und nichtzeitliche Qualität annimmt, die wir mit Geist verbinden. Geist ist so die Manifestation einer Gruppierung von Systemeigenschaften, von Prozessen, in denen die Dynamik der Selbstorganisation zum Ausdruck kommt.
Geist, Moral und sogar der Glaube an Gott sind demnach das Ergebnis einer Hirnstruktur, die so organisiert ist, wie es der Aufstieg des Menschen in Jahrmillionen erforderte. Daher ist denkbar, dass, wie die elektrische Ladung ein fundamentales Charakteristikum des Universums ist, jedoch selbst keinerlei Funktion besitzt, auch das Bewusstsein, der Geist, lediglich ein Nebenprodukt der Gehirnentwicklung sein könnte, das keinen besonderen Zweck erfüllt.
REM