Der frühe Homo erectus

Von frühesten Zeiten an war Afrika das Ursprungszentrum neuer Menschenlinien. Vor rund zwei Millionen Jahren betrat hier mit dem Homo erectus eine großwüchsige und wendige Menschenform, die der unseren bereits deutlich ähnelt, die Bühne. Die ältesten Funde stammen aus den klassischen Verbreitungsgebieten der Homininen: aus den mehr oder weniger offenen Savannengebieten und Galeriewäldern Ost- und Südafrikas. Mit Homo erectus zusammen lebten damals in Ostafrika, z. B. rund um den Turkana-See (im Norden des heutigen Kenia) – wahrscheinlich mindestens einige hunderttausend Jahre lang – drei weitere Homininenarten: Paranthropus boisei, Homo habilis und Homo rudolfensis. Die Wissenschaftler vermuten, dass sie unterschiedliche ökologische Nischen besetzten und nicht miteinander konkurrierten.

Homo erectus gilt als der erste definitive Vertreter der Gattung Homo. Er unterschied sich im Körperbau (Körpergröße und Proportionen) nur wenig vom modernen Menschen. Die Aufrichtung des Körpers hatte sich schon durchgesetzt. Er hatte lange Beine und kürzere Arme, da er nicht mehr klettern musste – ein „Läufertyp„, hervorragend angepasst an das Leben im offenen Grasland. Charakteristische Skelettmerkmale sind dickwandige Knochen, vorspringende Überaugenwülste und ein langgezogener und niedriger Hirnschädel.

Ernährung

Die Trockenzeit vor zwei Millionen Jahren war eine Zeit des verschärften Existenzkampfes, der ständig neue innovative Lösungen von den ums Überleben kämpfenden Homininen forderte. Essbare Knollen (stärkehaltige Speicherorgane von Pflanzen) machten den Löwenanteil der Nahrung der Homininen aus. Sie waren ganzjährig verfügbar und auch leicht mit Grabstöcken erreichbar. Das Problem stark begrenzter Nahrungskapazitäten bei Klimaveränderungen löste Homo erectus, indem er seine ökologische Nische durch die Nutzung fleischlicher Nahrung erweiterte. Diese macht bei ihm nach neueren Untersuchungen im Vergleich zu den allerersten Vertretern seiner Gattung einen größeren Anteil an den Nahrungsmitteln aus. Das Fleisch stammte zunächst vermutlich aus von großen Raubkatzen und Hyänen zurückgelassenen oder ihnen abgejagten Tierkadavern. 1,8 Millionen Jahren alte Funde deuten aber darauf hin, dass Homo erectus zu dieser Zeit schon den Erstzugang zu den Kadavern hatte. Er musste also damals bereits ein primitives Jäger- und Sammlerdasein geführt haben.

Vor ungefähr zwei Millionen Jahren war dem Homo erectus das Öffnen und Zerlegen mit scharfkantigen Steinklingen schon bekannt. Mit Steingeräten vermochte er obendrein Knochen zu zertrümmern, um an das besonders nahrhafte Knochenmark und Hirn heranzukommen. Wahrscheinlich klopften unsere Vorfahren das rohe Fleisch mit Steinhämmern weich, um es leichter verdaulich zu machen und dadurch mehr Energie daraus zu gewinnen. Diese Prozedur war dem Öffnen von Nüssen sehr ähnlich und wurde auch bei anderer Pflanzennahrung angewandt.

Zu reinen Fleischessern wurden diese frühen Menschen deswegen nicht – sie blieben Opportunisten. Die Tierkadaver machten also wahrscheinlich eher einen geringeren Teil der Nahrung aus. Aber schon dass Homo erectus seinen Speisezettel um nennenswerte Mengen an tierlicher Nahrung ergänzte, wertete seine Versorgung auf.

Zum erweiterten Fleischkonsum trug bei, dass das Grasland wieder zunahm und sich just vor 1,8 Millionen Jahren Savannen des heutigen Typs ausbreiteten, wodurch in Ostafrika die Vielfalt und Bestandsdichte der Huftiere zunahm. Zur Beute des Homo erectus gehörte nun ein großer Anteil erwachsener Tiere im besten Alter. Die Suche nach verendenden Großtieren auf den weiträumigen Savannen musste schnell erfolgen: Für Fleisch gab es viele Konkurrenten – vom wehrhaften Großraubtier bis zu Myriaden von Fäulnisbakterien. Generell gewinnt die Gruppengröße bei Auseinandersetzungen mit den Raubtieren. Zehn Steine schleudernde Homininen konnten jeden Konkurrenten von der Beute vertreiben. Möglicherweise jagten diese Menschen aber auch schon aus dem Hinterhalt, lauerten z. B. an den Wasserstellen auf Bäumen und schleuderten aus kurzer Distanz Steine oder gar schon „spitze Holzspeere“ auf nahe vorbeikommende Tiere. Sie verfolgten diese dann, bis sie ihren Verletzungen erlagen.

Sozialleben

Die Ausweitung der ökologischen Nische durch Nutzung größerer Tiere als Quelle fleischlicher Nahrung und vor allem die Kooperation in der Gruppe bedeutete für den Einzelnen eine höherer Überlebenschance und half der Art Homo erectus in ihrer Frühzeit, heftige Klimawechsel und Umweltveränderungen zu überstehen. Sie dürfte sich auch nachhaltig auf die Struktur und Auffächerung des sozialen Lebens ausgewirkt haben. Die Beute wurde unter den Gruppenmitgliedern verteilt, ein für Jäger und Sammler typisches Verhalten. Vermutlich gingen, um das Überleben der Gesamtgruppe zu sichern, die Männer auf Beutezug, während die Frauen mit kleinen Kindern in geschützten Bereichen zurückblieben. Die Frauen sammelten Früchte, Knollen und Insekten. Am Abend trafen dann alle wieder an einem zentralen Lagerplatz zum Verteilen und gemeinschaftlichen Essen zusammen.

Durch die Nutzung von energiereichem Fleisch gewann schon der frühe Mensch mehr freie Zeit, die er ansonsten zur Suche nach pflanzlicher Nahrung hätte aufwenden müssen. Diese gewonnene Zeit ließ sich für viele Aktivitäten einsetzen. Besonders wichtig waren die Pflege von sozialen Kontakten und die Weitergabe von Wissen (z. B. zur Werkzeugherstellung). Dies führte wiederum zu einer stärkeren sozialen Bindung und Organisation der Gruppenmitglieder, eventuell auch zu einer engeren Paarbindung. Die Gruppen des Homo erectus waren in ihrem Lebensraum weit verstreut, die Bevölkerungsdichte insgesamt wahrscheinlich niedrig. Eine zeitweise genetische Isolation begünstigte die Entwicklung regionaler anatomischer Varianten. Kam es nach langer Isolation wieder zu Kontakten zwischen den Gruppen, fand erneut Genfluss statt.

Hirnentwicklung

Die zunehmende Vergrößerung und Differenzierung des Gehirns war die entscheidende Weiterentwicklung des Homo erectus. Nach der populärsten und ältesten Modellvorstellung konnte sich das Gehirn durch den Erwerb des Aufrechtgangs und der damit verbundenen Verfügbarkeit der Hände (z. B. für Werkzeuggebrauch und -herstellung) weiter entwickeln. Dies war aber wohl nur eine wichtige Vorbedingung, jedoch nicht die ausschlaggebende Triebkraft für die Zunahme des Gehirnvolumens. Wahrscheinlich war auch die Umstellung auf tierliche Nahrung – Fleisch und Knochenmark – eine wichtige Voraussetzung für den ersten Schub des Hirnwachstums. Denn nur mit Fleisch war die dafür nötige Versorgung mit Phosphaten und Fettsäuren gewährleistet. Doch kann die rein stoffliche Sicht höchstens Randbedingungen der Gehirnevolution angeben, nicht aber deren Ursachen.

Vermutlich war es nicht ein einzelner Grund, der die Entwicklung zu einem größeren, stärker spezialisierten Gehirn forcierte, sondern eine Kombination von Gründen – ein „Karussell“ aus positiven Rückkopplungen. Ein verbesserter Zugang zu Fleisch brachte eine bessere Versorgung mit Nahrungsenergie und auch mit Gehirngewebe-Bausteinen, was zur Begünstigung des Gehirnwachstums führte. Dieses brachte wiederum eine erweiterte Lernfähigkeit, wodurch ein komplexes Sozialleben und Verständigungsmuster, innovativere Werkzeuge und erfolgreichere Jagdstrategien ermöglicht wurden – und dadurch wiederum ein verbesserter Zugang zu Fleisch. Angetrieben wurde dieses „Karussell“ vom immer trockener werdenden Klima, das steten Selektionsdruck in Richtung auf innovative Problemlösungen und damit auf ein größeres Gehirn erzeugte.

Feuer

Neben einem größeren Fleischanteil in der Ernährung begünstigte aber wohl auch die „Erfindung“ des Feuers die Hirnentwicklung. Mit der Aneignung des Feuers gelang es dem Homo erectus erstmals, eine Naturkraft zu zähmen, vor der alle anderen Tiere Angst haben. Er nutzte glimmende Holzstücke aus Blitzeinschlägen und Buschbränden, um ein Feuer zu unterhalten. Zum ersten Mal hatten Menschen damit Energie in der Hand und stellten sie in ihre unmittelbaren Dienste. Das Feuer wurde zum Bestandteil des öffentlichen Lebens. Es sicherte Nachtlicht und bot Schutz vor Kälte und gefährlichen Tieren. Die Feuerstelle wurde zum Lagerfeuer, zum sozialen Mittelpunkt, um den sich die Gruppenmitglieder versammelten, womit der weitere Zusammenschluss der Gemeinschaft gefördert wurde. Unter der Hitzewirkung barsten Steine zu scharfkantigen Werkzeugen. Zudem ließen sich durch Feuer Jagdtiere einschüchtern und in die Enge treiben, besonders wenn man gemeinschaftlich vorging.

Vor mindestens 1,5 Millionen Jahren lernte Homo erectus – neben der Kunst des Feuermachens – auch Fleisch zu kochen und dadurch verwertbarer und länger haltbar zu machen. Feuer tötet Mikroben ab. Das Fleisch wird durch Garen und Rösten nicht nur schmackhafter, sondern auch leichter verdaulich, denn das Erhitzen der Nahrung wirkt wie eine Art Vorverdauung außerhalb des Organismus. Der reduzierte Verdauungsaufwand führte einerseits zu einem deutlich verkleinerten Kauapparat. Niemals in der menschlichen Evolution haben sich die Zähne stärker verkleinert als beim Übergang von Homo habilis zu Homo erectus. Zum anderen verkürzte sich der Magen-Darm-Trakt. Der Darm verbraucht viel Energie. Durch seine Verkürzung war mehr Energie für die Hirnleistung vorhanden, was zu einem Schub in der Hirnvergrößerung führte.

Werkzeug-Technologie

Steigende Hirnleistung war wiederum Voraussetzung für die Erfindung und den Einsatz von Werkzeugen. Nach der bisherigen Vorstellung entwickelte Homo erectus spätestens vor 1,7 Millionen Jahren die fortschrittliche Acheuleen-Technologie (benannt nach dem Erstfundort St. Acheul im Somme-Tal in Frankreich). In mehreren aufeinander abgestimmten Arbeitsschritten wurde dabei die gewünschte Form aus einem Rohling herausgeschlagen. Erstmals wurden also Werkzeuge mit Hilfe von Werkzeugen hergestellt – ein enormer technischer Fortschritt, der Planung und Vorstellungskraft erforderte. Faustkeile, vielseitig verwendbare mandelförmige Werkzeuge, lang und flach mit beidseitig scharfen Kanten, sind die Markenzeichen des Acheuleen und gelten als die Schweizer Messer der Altsteinzeit. Ihre starke Verbreitung bezeugt, wie geschickt der Homo erectus schon früh mit dem Werkstoff Stein umzugehen wusste.

Aber auch die ältere Oldowan-Technologie – mit der simple Geröllbrocken mit einer einzigen Schneidekante hergestellt wurden – blieb offenbar noch die gesamte Altsteinzeit über in Gebrauch. Homo erectus nutzte anscheinend beide Technologien parallel. Er reagierte damit flexibel auf die aktuelle Situation – je nachdem, welche Rohmaterialien rund um seinen Lagerplatz verfügbar waren und wofür er das Werkzeug brauchte. Die standardisierten Artefakte des späten Oldowan und noch mehr dann die ausgefeilten Stücke des Acheuleen sprechen dafür, dass die Hersteller Wissen schon viel besser weiterzugeben und auszutauschen verstanden.

Das Acheuleen bestand in Afrika und Eurasien mit immer weiter verfeinerten Werkzeugen bis vor rund 150 000 Jahren. (Faustkeile in archaischer Form verschwanden vor ca. 400 000 Jahren.) Dass das Know-how zwischen Afrika, Asien und Europa ausgetauscht wurde, ist angesichts fast identischer Geräteformen wahrscheinlich.

Nacktheit

Die Notwendigkeit schnellen und dauerhaften Laufens zum Erwerb fleischlicher Nahrung in der offenen Savanne geriet in Konflikt mit den hohen Temperaturen des tropischen Klimas. (Für eine nächtliche Nahrungssuche reicht die Leistungsfähigkeit der menschlichen Sinne nicht aus!) Die Lösung des Problems lag in der Entwicklung und Zunahme von wasserverdunstenden und salzkonzentrierenden Schweißdrüsen am ganzen Körper und gleichzeitig eine Verminderung der Haarzellen bzw. eine Verringerung der Haargröße. Höchstwahrscheinlich war Homo erectus spätestens vor 1,6 Millionen Jahren der erste Hominine ohne komplette Körperbehaarung und mit einer großen Menge Schweißdrüsen, was zu einer wirkungsvollen Kühlung des Körpers in der Hitze der Savanne führte. (Da sich Haare nicht erhalten haben, bleibt es allerdings Spekulation, ob die Verdünnung und Reduzierung der Behaarung erst beim Homo erectus Verhältnisse ähnlich wie beim heutigen Menschen erreichte.)

[Nur die Haare auf dem Kopf und die Scham- und Achselbehaarung blieben. Die Kopfbehaarung steht im Zusammenhang mit der Thermoregulation des Körpers. Das wärmeempfindliche Gehirn muss vor Überhitzung (Sonnenstich!) geschützt werden. Das dichte Haupthaar umschließt ein isolierendes Luftkissen und sorgt an heißen Tagen für kühlere Luft zwischen der schwitzenden Kopfhaut und der heißen Haaraußenschicht, da der Kopfschweiß in den kühleren Luftraum hinein verdunstet. Dichte Locken sind in dieser Hinsicht die denkbar beste Kopfbedeckung, da sie die Dicke der Luftschicht erhöhen und zugleich eine Ventilation erlauben.

Scham- und Achselhaare dienen der Verbreitung des spezifischen Körpergeruchs eines Menschen. Vor allem hier sitzen Drüsen, die ein ganzes Bukett an Düften produzieren. Die Haare in diesen Bereichen sind bei allen Menschen gekräuselt und so mit einer besonders großen Oberfläche versehen, wodurch die Duftstoffe auf eine vergleichsweise große Fläche verteilt werden. Auf den Haaren befinden sich zahlreiche Bakterienarten, die in ihrer Zusammensetzung offenbar ganz spezifisch für jedes Individuum sind und durch einen in seinen einzelnen Schritten noch nicht vollständig geklärten chemischen Abbau des Duftdrüsensekrets zum kommunikativen Endprodukt führen, eben zu dem für jeden Menschen typischen Körpergeruch. Dieser individuelle Geruch spielte bei Homo erectus im Zusammenleben wohl noch eine wichtige regulative Rolle – und tut es (in geringerem Maße) bei den modernen Menschen wohl heute noch.]

Der Kühlungstrick verschaffte Homo erectus gewaltige Vorteile. Während die großen Raubtiere der Savanne in der Regel in sengender Tageshitze im Schatten von Bäumen ruhen müssen und erst in der Dämmerung aktiv werden, konnte der frühe Mensch auch unter solchen extremen Bedingungen aktiv werden. So war Homo erectus der erste Hominine, der vom Gejagten über die Zwischenstufe des Fleischdiebs an Raubtierrissen schließlich zum tagaktiven Ausdauerjäger wurde.

Durch den Verlust des Haarkleids war Homo erectus den gefährlichen UV-Strahlen der Sonne schutzlos ausgesetzt. Das Problem konnte durch die Entwicklung einer starken dunklen Hautpigmentierung gelöst werden. Vor allem zum Schutz vor nächtlicher Unterkühlung baute sich im Laufe der Zeit eine Fettschicht auf, das Unterhautfettgewebe, eine Besonderheit des Menschen, die anderen Primaten fehlt. Möglicherweise aber blieb Homo erectus auch schon die wärmende Eigenschaft getrockneter Tierhäute nicht verborgen. Diese hielten auch während der Regenzeit warm, denn Tierfelle sind aufgrund der wasserabweisenden Talgschicht der Haare wasserdicht.

Kommunikation und Zusammenarbeit

Wohl erst als unsere Vorfahren durch kräftiges Schwitzen überschüssige Körperwärme leicht loswerden konnten, vermochte sich das temperaturempfindliche Gehirn stark zu vergrößern. Bei den frühen Formen des Homo erectus betrug das Gehirnvolumen vor 1,5 Millionen Jahren bereits 800 bis 900 Kubikzentimeter, immerhin schon doppelt so viel wie die damals lebenden Affen. Größere Gehirne befähigen, wie schon erwähnt, zu komplexerem sozialem Verhalten, was wiederum die Taktiken der Nahrungsbeschaffung verbesserte. Und indem die Ernährungslage immer günstiger wurde, konnte auch das Gehirn noch größer werden. (Beim späten Homo erectus erreichte das Hirnvolumen mehr als 1200 Kubikzentimeter.)

Durch die verzögerte Entwicklung verlängerte sich die Kindheit (längere Reifezeit) schon beim frühen Homo erectus. So kam dem Lernen eine immer größere Bedeutung zu, während starre, durch das Erbgut programmierte Verhaltensmuster immer stärker in den Hintergrund traten. Die raschen Umweltveränderungen durch abrupt einsetzende Wärme- und Kälteperioden, die sich teils sogar innerhalb der Lebensspanne eines Individuums ereigneten, erforderten flexibleres und vielseitiges Verhalten. Sie könnten ebenfalls die Zunahme der geistigen Fähigkeiten und der geistigen Beweglichkeit des Homo erectus gefördert haben.

Für die gemeinsame Jagd und das Leben in Gruppen war eine Form von Kommunikation erforderlich. Vermutlich war Homo erectus in der Lage, zumindest durch Lautkombinationen und Gesten mit seinen Artgenossen zu kommunizieren. Viele Forscher sehen in ihm sogar den ersten Homininen, der zu einer gewissen sprachlichen Kommunikation fähig war. Da er immer raffiniertere Werkzeuge entwickelte, Großwildjagd betrieb und lernte, das Feuer zu beherrschen, hätte er jedenfalls schon mehr Verwendung für Sprache gehabt als seine Vorgänger. Die Entwicklung einer, wenn auch primitiven Sprache könnte für eine kleinere Population sogar einen so enormen Vorteil gebracht haben, dass diese auf Kosten anderer Populationen erfolgreich gewesen wäre.

Der Kehlkopf des Homo erectus lag auf jeden Fall bereits etwas tiefer im Hals und zeigte die ersten Anzeichen einer Entwicklung zum Sprachorgan. Zudem war der Rachenraum durch den Aufrechtgang so stark vergrößert, dass eine bessere Vokalartikulation möglich war. Die anatomischen und neurologischen Voraussetzungen für eine gewisse Sprachfähigkeit mögen damals also vorhanden gewesen sein, aber anatomische Details der Schädelbasis und des Unterkiefers lassen, wenn überhaupt, nur auf ein sehr primitives Sprachvermögen schließen. Vor allem fehlte Homo erectus die nervliche Fernsteuerung der an Sprache beteiligten Muskeln. Er konnte daher wohl noch nicht „richtig“ sprechen.

Am Ende stand ein an sich unscheinbares, aber für die Umwelt höchst gefährliches Wesen: Ein nahezu haarloser Zweibeiner, der ausdauernd war, ein großes Gesichtsfeld überblicken konnte und zwei Hände hatte, die wie geschaffen für Werkzeuge und Waffen waren. Vor allem aber verfügte er über ein Gehirn, das alle diese Vorteile sinnvoll nutzen und kombinieren konnte. Wirklich Furcht erregend für die übrige Natur wurden die Wesen aber dann, wenn sie als Gruppe effektiv zusammenarbeiteten. Dann waren sie in der Lage, auch diejenigen Tiere, die ihnen an Größe, Kraft und Schnelligkeit überlegen waren, zu Fall zu bringen. Sollte die Vermutung richtig sein, dann hat Homo erectus schon bald ganze Ökosysteme radikal verändert. Insbesondere nach der Zeit vor 1,5 Millionen Jahren fiel die Anzahl großer Raubtiere steil ab. Ganze Artengruppen, wie etwa die Säbelzahnkatzen, verschwanden in Afrikas Savannen. Stattdessen machten sich moderne Arten zunehmend breit, darunter die Löwen, Leoparden und Schakale.

REM

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