Teilchen, Felder – oder was?

Die Quantenfeldtheorie

Vor einigen Jahrzehnten wurde die gewöhnliche Quantenmechanik weiterentwickelt, um Einsteins Gesetze der Speziellen Relativitätstheorie zu berücksichtigen. So entstand die „relativistische Quantentheorie“ als Vereinigung der Theorie klassischer Felder (wie das elektromagnetische Feld) mit quantenmechanischen Prinzipien. Sie taucht in vielen verschiedenen Varianten auf und kann unterschiedlichste physikalische Systeme beschreiben. Auch der mathematische Unterbau des Standardmodells der Teilchenphysik basiert auf einer Quantenfeldtheorie und beschreibt in deren Rahmen die elementaren Materiebausteine und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte.

Teilchen und Felder

Der Teilchenbegriff stammt aus dem Weltbild der altgriechischen Atomisten und vollendete mit den Theorien Isaac Newtons (1643-1727) seinen Siegeszug. Er bezieht sich auf etwas, das, meist als kugelähnlicher Partikel – z. B. eine Billardkugel – dargestellt, einen bestimmten Ort einnimmt. Aus mehreren Gründen verhalten sich die Grundelemente der Quantenfeldtheorie jedoch ganz und gar nicht wie Billardkugeln. Stattdessen hatten bereits in den 1920er Jahren Wissenschaftler erkannt, dass eine Theorie, die auf Feldern statt auf Teilchen basiert, einige wichtige Ungereimtheiten aus dem Weg räumt: Angefangen mit Fragen der Kausalität („Wie kann ein weit entferntes Elektron ein anderes über große Distanzen hinweg augenblicklich beeinflussen?“) bis zu der unerwarteten Tatsache, dass Partikel nicht ewig existieren.

Felder sind gemäß der Speziellen Relativitätstheorie keine Zustände der Materie, sondern des Raumes (Einstein: „Zustände in Raum und Zeit, die über Entfernungen hinweg wirken“). Sie weisen jedem Punkt der Raumzeit eine physikalische Größe zu, die sich eindeutig mit beliebig feiner Auflösung im Raum messen lässt (z. B. Temperatur oder elektrische Feldstärke). Die Menge der unendlich vielen Positionen bildet zusammen das Feld, das alle Informationen zusammenfasst. Es ist – wie beispielsweise das elektromagnetische oder Gravitationsfeld – für die Übermittlung einer Kraft verantwortlich.

Quantenfeldtheorie

Nach den Gesetzen der Elektrodynamik bilden sich in der Umgebung einer beschleunigten elektrischen Ladung – also z. B. eines Elektrons – immer ein elektrisches und magnetisches Feld. Dieses wird vom Elektron erzeugt und folgt – vergleichbar der Bugwelle eines Schiffes – der Elektronenbewegung und breitet sich wellenförmig in den Raum aus. Quantentheoretisch ließ sich die elektromagnetische Kraft als Austausch von bestimmten masselosen Quanten, den Photonen, beschreiben. Die Quantentheorie des Elektromagnetismus, die Quantenelektrodynamik (QED), war das erste erfolgreiche Beispiel einer Quantenfeldtheorie in den Vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Durch ihre Entdeckung verstand man endlich den Elektromagnetismus und das Wesen des Lichts.

Die Grundbausteine der Materie sind heute nicht mehr Teilchen, Wellen oder Kräfte, sondern Quantenfelder, die wie eine Art Gewebe unsere gesamte Raumzeit durchziehen. Sie unterscheiden sich grundlegend von den klassischen Varianten, z. B. von einem Magnetfeld. Aus diesen grundlegenden (fundamentalen) Bausteinen des Kosmos entspringen also Strahlung, Materie und deren Wechselwirkungen. Materie ist in diesem Sinne nur die sichtbare Form von Materiefeldern, die sich verwirklicht haben. Ihre Stabilität ist die Stabilität eines Gleichgewichts (wie ein Ökosystem oder Organismus).

Die Quantenfeldtheorie weist jedem Elementarteilchen ein Feld zu, das keinerlei mechanische Basis besitzt – aber (wie Materie) Energie und Impuls. Diese Felder sind nicht kontinuierlich, sondern Energie und Impuls treten in Portionen oder Quanten auf (die im Labor als „Teilchen“ erscheinen). Zu jeder Art von Kraft gehört demnach eine andere Art von „Kraftteilchen“. Mitunter sagt man auch, das Quant „trage“ die zugehörige Kraft. Es kann in Wechselbeziehung mit Materie treten, wobei es zu einem Austausch von Energie und Impuls kommt. Aus der Summe vieler kleiner Quanten-Kraftstöße ergeben sich die kontinuierlich wirkenden Kräfte der klassischen Physik.

Da die Grundkräfte der Natur sehr ähnliche Formen besitzen, drängte sich der Versuch ihrer Vereinheitlichung geradezu auf. Elektromagnetismus, starke und schwache Kernkraft werden inzwischen erfolgreich durch eine vereinheitlichte Quantenfeldtheorie beschrieben. Außen vor bleibt allerdings immer noch die Schwerkraft (Gravitation). Die Versuche, sie durch eine Quantenfeldtheorie auszudrücken, sind bisher gescheitert. Zur Zeit kann die Gravitation daher nur durch die Allgemeine Relativitätstheorie beschrieben werden.

Das Ende der Teilchen-Interpretation

„Teilchen“ sind Anregungen eines Quantenfelds, keine Dinge – und sie lassen sich auf keine spezielle Lokalität festnageln. Aber nicht nur der Ort des „Teilchens“, sondern sogar die Frage, ob es überhaupt einen Ort einnimmt, ist unklar. Ein Beobachter, der versucht, den Ort eines „Teilchens“ zu messen, wird es mit kleiner, aber von null verschiedener Wahrscheinlichkeit in den entlegensten Winkeln des Universums entdecken. Es hat also offenbar keinen Sinn, lokalisierte, kugelähnliche Teilchen als Grundelemente der Wirklichkeit anzunehmen. Darum ist es eigentlich auch irreführend, von Teilchenphysik zu sprechen und den Begriff „Teilchen“ zu verwenden. Man kann zur Not von Quantenteilchen sprechen, obwohl diese praktisch nichts mit den klassischen Partikeln gemein haben.

Ein extremes Beispiel für die Haltlosigkeit der Teilcheninterpretation ist das Vakuum, definitionsgemäß ein Zustand mit null Teilchen. In der Quantenfeldtheorie aber gibt es keinen im Wortsinn leeren Raum. Selbst wenn man alle Atome entfernen, durch geeignete Abschirmung alle Strahlung fernhalten und ihn auf den absoluten Nullpunkt der Temperatur herunterkühlen würde, bliebe immer noch ein Rest „Wärmestrahlung“ übrig. Denn auch das Vakuum ist von Quantenfeldern durchzogen, die höchst dynamisch sind.

Ständig laufen Prozesse ab, in denen (in unserer Wahrnehmung) Teilchenpaare erscheinen und gleich darauf wieder in den Feldern verschwinden (Fluktuationen). Am bedeutendsten sind dabei – wegen ihrer geringen Masse – Elektron-Positron-Paare, die insgesamt keine elektrische Ladung haben. Im Gegensatz zu „realen Teilchen“ können sich diese Teilchen allerdings nicht frei bewegen, wodurch es unmöglich ist, sie direkt zu detektieren. Physiker bezeichnen sie deshalb als „virtuell„. Man kann sie als kurzzeitige Äußerung (Schwankung) der Felder veranschaulichen.

Ein von Partikeln erfülltes Vakuum mutet absurd an – aber nur, weil uns der klassische Teilchenbegriff in die Irre führt. Sind die Felder besonders stark, können sogar „reale Teilchen“ mit der entsprechenden Masse m entstehen. Anschaulich wird das Vakuum dabei so stark polarisiert, dass die Teilchen-Antiteilchen-Paare auseinanderreißen und zu realen Partikeln werden, weil sie sich nicht mehr gegenseitig vernichten können.

Nach der modernen Physik sind „Teilchen“ und deren Eigenschaften wie Masse, Spin oder Ladung also Manifestationen von Quantenfeldern. Ein Elektron ist demnach nicht nur ein Elektron, sondern eine Summe aus diesem und anderen Partikeln, die durch die Fluktuationen im Quantenfeld entstehen. Deren Beträge gehen in die quantenmechanischen Berechnungen ein und beeinflussen häufig maßgeblich das Ergebnis. Viele Prozesse können sogar nur dann stattfinden, wenn virtuelle Teilchen beteiligt sind, während die Wahrscheinlichkeit für solche Vorgänge sonst null wäre.

Mathematische Beschreibung

Quantenfeldtheorien beschreiben alle Elementarteilchen und Wechselwirkungen mit Hilfe der Mathematik. Allerdings gehören sie auch zu deren schwierigsten Objekten.

Schon die Quantenmechanik, auf der die Quantenfeldtheorie aufbaut, liefert nicht eindeutige Werte, sondern Wahrscheinlichkeiten. Während die Temperatur ihren tatsächlichen Wert wiedergibt (unabhängig davon, ob man sie misst), haben Elektronen bis zu ihrer Beobachtung keine eindeutige Position im Raum. Davor lässt sich ihr Aufenthaltsort nur probabilistisch beschreiben: Dabei ordnet man jedem Punkt Werte zu, die die Wahrscheinlichkeit wiedergeben, ein Teilchen an diesem Ort zu finden. Vor der Messung existiert ein „Teilchen“ überall und nirgendwo. Sogar ein theoretischer Physiker vermag es sich kaum anschaulich vorzustellen.

Doch in der Quantenfeldtheorie geht es noch seltsamer zu: Die vermeintlich fundamentalen Quantenfelder legen nicht einmal Wahrscheinlichkeiten fest; das tun sie erst, wenn sie mit dem sog. Zustandsvektor kombiniert werden. Dieser ist holistisch (ganzheitlich), d. h. er bezieht sich nicht auf einen bestimmten Ort, sondern beschreibt das gesamte System. Damit untergräbt er das, was Felder eigentlich ausmacht, nämlich dass und wie sie sich über die Raumzeit verteilen. Ein klassisches Feld veranschaulicht beispielsweise, wie sich Lichtwellen durch den Raum ausbreiten; das Quantenfeld beraubt uns dieses Bilds und sagt nichts darüber aus, wie die Welt funktioniert.

Trotz intensiver Bemühungen gibt es bis heute keine mathematisch streng begründete Quantenfeldtheorie. Ihr Unvollständigkeit äußert sich im Auftreten unendlich großer Terme in den mathematischen Ausdrücken. Darin spiegelt sich die Tatsache wider, dass „Teilchen“ mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen können. Auch wenn die Unendlichkeiten nachvollziehbar sind, erschweren sie doch eine theoretische Formulierung.

Wenn man ein Quantenfeld an einem bestimmten Punkt auswertet, erhält man eine Matrix, also eine Tabelle, die mit Zahlen gefüllt ist. Meist handelt es sich sogar um einen Operator, eine Matrix mit unendlich vielen Zeilen und Spalten. Im Formalismus einer Quantenfeldtheorie müssen ja außer den real vorhandenen auch die unendlich vielen virtuellen Teilchen, die gleichsam spontan aus dem Nichts entstehen, wechselwirken und wieder vergehen, mit einbezogen werden.

Die Probleme werden noch schwieriger zu lösen, sobald die Quantenfelder (z. B. „Teilchen“) miteinander wechselwirken. In der klassischen Mechanik ist die Berechnung von Zusammenstößen von Partikeln einfach: Um beispielsweise die Kollision zweier Billardkugeln zu simulieren, benötigt man bloß die jeweiligen Impulse und fügt sie in eine simple Formel ein. Wenn hingegen zwei Quantenfelder miteinander wechselwirken, erfordert das subtilere Methoden. Man multipliziert den unendlich-dimensionalen Operator des einen Felds mit dem unendlich-dimensionalen Operator des anderen und wertet das Produkt an jedem Punkt in der Raumzeit aus, an dem sie sich treffen. Es entstehen zahlreiche Terme, die unendliche Werte annehmen.

Ein Term, der zu Schwierigkeiten führt, beschreibt z. B. die sog. Vakuumpolarisation: Ein freies Photon kann spontan in ein Elektron-Positron-Paar zerfallen, das sich gleich wieder zu einem Lichtteilchen zusammenfügt. Während ihres kurzen Daseins können das „Teilchen“ und das „Antiteilchen“ allerdings jede beliebige Energie annehmen – sie sind nicht durch die Eigenschaften des ursprünglichen Photons begrenzt. Grund dafür ist die heisenbergsche Unschärferelation, wonach sich Energie und Zeit niemals genau auflösen lassen. Die Natur kann sich kurzzeitig Energie „borgen“, je kürzer der Zeitraum, desto höher der verfügbare Betrag. Bei der Berechnung muss man alle Beträge berücksichtigen, indem man sie gewichtet addiert. In diesem Fall konvergiert die Summe nicht gegen einen festen Wert, sondern wird unendlich.

Lösungsansätze

Die Forscher feilen unermüdlich an Methoden, um die komplizierten Gleichungen zu lösen – oder sich ihnen zumindest verlässlich zu nähern. Die bisherigen Ansätze der Quantenfeldtheorie erweisen sich als so komplex, dass sie sich nicht ohne Vereinfachungen, die in der Realität nicht immer gegeben sind, beschreiben lassen. Inzwischen wurden verschiedene Möglichkeiten entwickelt, um zumindest einigen der komplizierten Gleichungen ein paar Geheimnisse zu entlocken.

Ein Ausweg, um mit den problematischen Termen umzugehen, war die Entwicklung der Renormierung. Der Grundgedanke ist dabei, dass z. B. die Masse oder die Ladung, die man in einem Versuch beobachtet, ebenfalls durch Prozesse auf quantenphysikalischer Ebene beeinflusst werden. Daher können die Werte, die in den Gleichungen auftauchen, in Wirklichkeit auch nicht den experimentellen Messwerten entsprechen. Dank der Normierung konnten die Physiker die lästigen Unendlichkeiten loswerden und hatten zudem auch eine Erklärung dafür, warum sie überhaupt auftreten. Allerdings kann man auf diese Weise auch nicht die Masse oder Ladung eines Teilchens oder andere Details eines Systems berechnen.

Ein weiterer beliebter Ansatz, um die störenden Unendlichkeiten der Quantenfeldtheorie zu umgehen, ist die sog. Gittereichtheorie. Das Modell beschreibt Materieteilchen wie Quarks und Elektronen, die auf den Gitterpunkten eines vierdimensionalen Gitters liegen, und kräftevermittelnde Partikel wie Photonen oder Gluonen, die sich entlang der Seiten bewegen. Ihre Größen werden kontrolliert angenähert, so dass sichergestellt ist, dass sie sich nicht unendlich nahe kommen können. Damit fallen die Unendlichkeiten weg, die sonst bei der Berechnung wechselwirkender Felder entstehen. Die Näherungen sind gut genug, um sie mit experimentellen Messungen zu vergleichen, die ebenfalls nur eine begrenzte Genauigkeit aufweisen. Die Fachleute sind davon überzeugt, dass sich das verdichtende Gewebe auf die idealisierte Vorstellung einer Quantenfelds zubewegt.

Aber auch diese Methode hat Nachteile. Beispielsweise sind die zugrunde liegenden Gleichungen zwar mathematisch wohldefiniert, doch konnte man bisher nicht beweisen, dass der Grenzfall eines sich immer stärker verdichtenden Gitters wirklich die kontinuierliche Theorie wiedergibt. Außerdem braucht man sehr leistungsstarke Computer, um eine zuverlässige Auswertung möglich zu machen.

Die physikalische Realität ist, wie sie ist, und verhält sich, wie sie will – und die Forscher lernen nur mühsam, die mathematischen Werkzeuge an ihr ungebärdiges Verhalten anzupassen. Obwohl Quantenfelder schon seit einigen Jahrzehnten die Grundlage der Physik bilden, sind die Wissenschaftler noch weit davon entfernt, sie vollständig zu verstehen. Mit jeder Vervollkommnung der mathematischen und technischen Werkzeuge aber lernt man neue Aspekte der Wirklichkeit kennen.

Realität

Eine so erfolgreiche Theorie wie die Quantenfeldtheorie löst große grundlegende Kontroversen über die Realität hinter den Messungen aus. Sie beschreibt zwar das Verhalten von Quarks, Myonen, Photonen und diversen Quantenfeldern, aber sie sagt nichts darüber aus, was ein Photon oder ein Quantenfeld wirklich ist. Deren Eigenschaften weichen ja erheblich von dem ab, was man sich im täglichen Leben unter Teilchen und Feldern gewöhnlich so vorzustellen pflegte. Daher sind diese beiden Begriffe wegen ihrer Anschaulichkeit noch immer in Gebrauch, obwohl die meisten Physiker einräumen würden, dass ihre klassische Bedeutung und damit auch unsere Vorstellung davon, nicht zu den Aussagen der Theorie passt.

Das muss sie aber auch gar nicht, denn physikalische Theorien können empirisch gültig sein, ohne metaphysische, also jenseits der Physik liegende, Fragen zu klären. Viele Wissenschaftler lehnen es daher ab, dass die physikalische Theorien die Welt widerspiegeln sollen. Für sie sind Theorien bloß Instrumente, mit denen sich experimentelle Vorhersagen machen lassen – und in vielen Fällen passen die berechneten Ergebnisse hervorragend zu den experimentellen Messungen. Dennoch sind die meisten Physiker davon überzeugt, dass ihre Theorien zumindest einige Aspekte der Natur abbilden, bevor Experimentatoren eine Messung durchführen.

Die Physik allein gelangt nicht zu schlüssigen Aussagten über die fundamentalen Fragen wie die Definition von Objekten, die Rolle der Individualität, den Status von Eigenschaften sowie die Bedeutung von Raum und Zeit. Dazu muss die Philosophie ins Boot geholt werden, die den Rahmen und die Begriffe für die Grundstrukturen der materiellen Welt liefern muss.

Einige Philosophen haben schon grundsätzlich andere Lösungen vorgeschlagen. Statt die Welt in Objekte und Eigenschaften aufzuteilen, sollte man die Eigenschaften als die einzige Grundkategorie ansehen (Tropenontologie). Auf die Quantenfeldtheorie angewandt hieße das: Was wir ein Elektron nennen, ist eigentlich ein Bündel aus verschiedenen Tropen: drei festen Wesenseigenschaften (Masse, Ladung, Spin) sowie zahlreichen wandelbaren, nichtwesentlichen Eigenschaften, die sich auf Wahrscheinlichkeiten für Ort und Geschwindigkeit beziehen. Das Vakuum enthielte dementsprechend, wie es sich gehört, keine Teilchen, wohl aber Eigenschaften. Ein „Teilchen“ wäre dann das, was man bekommt, wenn diese Eigenschaften sich auf eine besondere Art bündeln.

Andere Wissenschaftlern schlagen vor, dass statt Materie Strukturen der eigentliche Stoff sind, aus dem die Welt besteht. Es käme nicht auf das innere Wesen der Dinge an, sondern auf die Beziehungen der Dinge untereinander. Beim Phänomen Masse beispielsweise sieht man niemals die Masse selbst, sondern nur, wie ein massetragender Körper mit einem anderen durch das Schwerefeld wechselwirkt. Dieser sog. Strukturenrealismus betrachtet die Natur als eine letztlich nur mathematisch fassbare Struktur – die durch komplexe Relationen definiert ist – eine revolutionäre Idee.

Dem epimistischen Strukturenrealismus (von gr.: episteme = Wissen) zufolge werden wir niemals das wirkliche Wesen der Dinge erkennen, können aber wissen, wie sie miteinander in Beziehung stehen. Nach dem ontologischen (ontischen) Realismus (von to on = das Seiende) gibt es tatsächlich nichts anderes als Relationen. Diese Idee wird von den vielfältigen Symmetrien der modernen Physik unterstützt, denn sowohl in der einsteinschen Gravitationstheorie als auch in der Quantenmechanik haben bestimmte Veränderungen – sog. Symmetrietransformationen – keine empirischen Konsequenzen. D. h., diese Transformationen vertauschen die einzelnen Dinge, aus denen die Welt besteht, ohne ihre Beziehungen zu verändern.

Viele Physiker und Philosophen halten es aber tatsächlich für unmöglich, dass feste Objekte nur auf der Basis von Relationen entstehen. Darum versuchen einige Verfechter des ontischen Strukturenrealismus einen Kompromiss zu finden: Sie verneinen nicht, dass es Objekte gibt, sondern behaupten nur, Relationen und Strukturen seien primär. Mit anderen Worten: Objekte besitzen keine Wesenseigenschaften, sondern gewinnen ihre Eigenart erst durch ihr Verhältnis zu anderen Objekten.

REM

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