Das Fermi-Paradoxon
Das schlagendste Argument gegen die Existenz vieler außerirdischer Zivilisationen in der Milchstraße ist das sogenannte Fermi-Paradoxon – nach dem Physiker Enrico Fermi (1901-1954) benannt. Es basiert auf vier Annahmen:
- Da sich Leben, Intelligenz, Technik usw. hier auf der Erde entwickelt haben, müssen wir davon ausgehen, dass dies auch an anderen Stellen im Universum möglich ist. Unsere Zivilisation sollte daher nicht die einzige technologische in der Milchstraße sein.
- Unsere Zivilisation ist durchschnittlich und typisch – und somit nicht die erste, nicht die am weitesten fortgeschrittene und nicht die einzige, die Kontakt sucht. (Das entspricht dem Prinzip der Mittelmäßigkeit – oder Kopernikanisches Prinzip -, nach dem im kosmischen Maßstab weder an der Erde noch an den Menschen irgendetwas Besonderes oder Einmaliges ist.)
- Interstellare Reisen sind nicht zu schwierig für hoch entwickelte Zivilisationen.
- Eine Kolonisierung der Galaxis mit Generationenraumschiffe oder durch Roboter geht relativ schnell, in weniger als einer Milliarde Jahren.
Fermi vermutete also, dass es für fortgeschrittene Superzivilisationen nicht schwer sei, die Milchstraße mit Leben zu füllen. Da wir aber in keiner Form Kenntnis von ihnen haben, gebe es solche Zivilisationen aber offenbar nicht. Dieser Ansicht sind auch heutige Skeptiker. Die Menschheit wäre demnach tatsächlich die erste und einzige technologisch-intelligente Zivilisation zumindest in der Milchstraße. Vielleicht hat die Evolution wirklich noch nicht genug Zeit gehabt oder die nötigen Bedingungen sind zu unwahrscheinlich, dass sich eine andere Spezies entwickeln konnte. Danach wäre das Leben auf der Erde extrem frühreif.
Andere Lösungsvorschläge
Inzwischen diskutieren Wissenschaftler und Philosophen weitere Lösungsvorschläge für das Fermi-Paradoxon.
So könnten intelligente Zivilisationen jeden Kontakt mit uns bewusst meiden. Da wir gerade erst angefangen haben, Radioastronomie und Raumfahrt zu betreiben, dürften sie wohl wesentlich älter und weiterentwickelt sein als wir. Sie haben deshalb kein Interesse, mit einer so rückständigen Gesellschaft in Kontakt zu treten. Oder sie interessieren sich nur rein wissenschaftlich für uns und studieren unsere Entwicklung aus der Ferne („Zoohypothese“).
Wenn sie uns geistig und moralisch überlegen sind, könnten sie sich auch aus Fürsorge eine Kontaktsperre mit uns verordnet haben („Embargo-Hypothese“). Eine Konfrontation mit einer hoch überlegenen Zivilisation könnte für uns unweigerlich zu einem Kontaktschock führen oder sogar in einer Katastrophe enden. Wenn extraterrestrische Wesen tatsächlich seit Jahrmillionen existieren, ohne sich selbst in den Untergang gestürzt zu haben, dann verfügen sie sehr wahrscheinlich über ein entsprechend hohes Maß an ethischer Disziplin und würden einen Eingriff in die Entwicklung einer jungen Spezies vermeiden wollen.
Vielleicht existieren auch Zivilisationen in der Milchstraße, die sich aus Furcht vor Entdeckung vor uns oder anderen Extraterrestriern verbergen, weil sie feindliche Reaktionen befürchten. Tarnung hat sich überall in unserer Natur als erfolgreiche Strategie durchgesetzt, sowohl bei Jägern wie bei Beutetieren. Beide wollen nicht entdeckt werden und erhöhen so ihre Überlebenschance.
Die Zahl geeigneter Welten für intelligentes Leben könnte auch von Region zu Region stark schwanken. So wäre es ganz normal, dass die Erde weit weg von belebten Zonen in der Milchstraße liegt und daher bislang nicht von Außerirdischen kontaktiert wurde – selbst wenn diese in den Weiten der Galaxis häufig sind („Galaktischer Archipel“-Szenario). Vielleicht wurden wir auf der Erde früher auch schon einmal besucht – etwa als noch Dinosaurier den Planeten beherrschten -, und irgendwann wieder verlassen. Die Spuren des technologischen Lebens wären mit der Zeit verschwunden. Nach mehr als einer Million Jahren sind bloß noch isotopische oder chemische Anomalien im Erdboden auffindbar, etwa in Form synthetischer Moleküle, Kunststoffe oder radioaktiven Fallouts.
Heute lebten wir also in einer Periode kosmischer Isolation. Die große Frage wäre, ob unsere Zivilisation noch existiert, wenn wir Lebenszeichen von einer anderen erhalten würden. Keiner weiß, wie lange die Phase von intelligentem Leben und einer technischen Zivilisation auf einem Planeten gewöhnlich dauert. Viele Wissenschaftler gehen von einer relativ kurzen Zeitspanne aus. Sie nehmen an, dass sich die meisten Völker durch ökologischen Raubbau oder verheerende Kriege selbst irgendwann vernichten. Schon Fermi hatte befürchtet, dass sich jede fortgeschrittene technologische Zivilisation, kaum hat sie das Radio erfunden, selbst wieder in die Luft sprengt.
Aber auch expansive Imperien könnten regelmäßig zu Fall gebracht werden, z. B. durch extreme Naturkatastrophen wie Supernova-Explosionen oder Ausbrüche des Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie. Wenn intelligente Zivilisationen im Durchschnitt z. B. „nur“ 10 Millionen Jahre überdauern würden, könnten viele bereits wieder ausgestorben sein. könnte. Ihre Signale haben uns vielleicht zu einer Zeit erreicht, als auf unserem Planeten die Menschen noch in der Steinzeit lebten. Noch vor 100 Jahren hätten uns Außerirdische mit Hilfe von Radiosignalen wohl niemals gefunden, weil wir technologisch noch nicht in der Lage waren, diese zu empfangen. Es könnte also sein, dass intelligente Zivilisationen zwar häufig entstehen, sich untereinander aber schlicht verpassen. Demnach ließe sich das Fermi-Paradoxon nicht nur durch zu kleine räumliche Nischen, sondern auch durch zu kurze zeitliche Fenster erklären.
Oft wird auch das Energie-Problem zu wenig berücksichtigt. Es ist die Frage, ob z. B. Kulturen wie die irdische über ausreichende Ressourcen zum Aufbau eines interstellaren Kommunikationssystems verfügen. Wir wissen selbst nicht, ob wir in 100 Jahren z. B. noch Radioastronomie betreiben können und werden – vermutlich ja, aber sicher sein können wir nicht. Auch in fortgeschrittenen, interstellar kommunikationsfähigen Zivilisationen könnten die Ressourcengrundlagen schon nach kurzer Zeit versiegen oder rasch zerstört werden. So könnten die Außerirdischen ihre Bemühungen nicht nur aus fehlendem Interesse an interstellarer Kommunikation, sondern auch aus Kostengründen (Energieverschwendung!) wieder eingestellt haben.
Interstellare Raumfahrt
Theoretisch müsste für eine Zivilisation, die über eine viel höher entwickelte Technologie als wir verfügt, interstellare Raumfahrt möglich sein. So könnte sie sich mit Kolonien in anderen Sternsystemen und gigantischen Raumstationen im interstellaren Raum ausbreiten. Nach Berechnungen von Astronomen wäre es – unter plausiblen Annahmen – im Lauf von Jahrmilliarden möglich, die gesamte Milchstraße zu kolonisieren, zumal die natürlichen Bewegungen der Sterne die Verbreitung noch fördern würden.
Noch wissen wir allerdings wenig über die Technologie, die für interstellare Raumflüge nötig ist. Ob Reisen mit Lichtgeschwindigkeit – was nach der Allgemeinen Relativitätstheorie grundsätzlich durchaus möglich wäre – oder gar Überlichtgeschwindigkeit (die für intergalaktische Flüge notwendig wäre) überhaupt jemals realisierbar sind, ist äußerst zweifelhaft.
Der theoretische Physiker Peter Coles glaubt an ein Wurmloch. Dessen Existenz ist eine logische Möglichkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie, und auch von der Quantengravitation erlaubt. Wenn es unseren Nachfolgern gelänge, solche Raumzeittunnel ausfindig zu machen oder selbst zu erzeugen – was immense Energiemengen verschlingen würde -, wären interstellare oder gar intergalaktische Reisen kein Problem. Rein wissenschaftlich spräche also zunächst einmal nichts dagegen.
Mit heutiger Raketentechnik benötigen wir rund 10 Jahre bis an die Grenzen unseres Sonnensystems. Viele Wissenschaftler zweifeln allein an der Überwindung dieser Grenze mit bemannten Raumfahrzeugen. Bis zu den nächsten Sternen bräuchten wir viele Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende. Selbst wenn es im Abstand von 1000 Lichtjahren eine Zivilisation gäbe, würde wir heute 10 Millionen Jahre brauchen, um diese Zivilisation zu erreichen. Die nächste Galaxis, die Andromeda-Galaxie, ist bereits mehr als zwei Millionen Lichtjahre entfernt. (Mit 10% der Lichtgeschwindigkeit – was unsere technischen Möglichkeiten derzeit noch weit übertrifft – würde es 20 Millionen Jahre dauern, diese Strecke zu überbrücken.)
Mit Hilfe der Kernfusion ist wahrscheinlich eine Höchstgeschwindigkeit von 12% der Lichtgeschwindigkeit möglich. Über andere denkbare Antriebe (z. B. Sonnenenergie oder Antimaterie) wird viel diskutiert. Man bräuchte aber für interstellare Flüge auch riesige Schiffe, die vielen Generationen als Habitat dienen müssten. Selbst sehr weit entwickelte Außerirdische ständen wegen des enormen Ressourcenverbrauchs vor einem schier unüberwindbaren Hindernis.
Angenommen, ein Generationenraumschiff mit einer Mindestbesatzung von 200 Personen würde mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit einen 30 Lichtjahre entfernten Stern ansteuern: Die Reise dauerte dann 300 Jahre, rund 10 Generationen. Die Gesamtmasse des Raumschiffs müsste rund 100 000 Tonnen betragen. Zum Beschleunigen und Abbremsen des Raumschiffs wäre das 200-fache der Energie nötig, welche die gesamte Erdbevölkerung in einem Jahr verbraucht.
Selbst bei phantastisch neuen Antriebsquellen wäre eine interstellare oder gar intergalaktische Raumfahrt auf die Dauer womöglich schlicht zu aufwändig und zu teuer, abgesehen von dem Zeitaufwand und den Risiken. Probleme sind neben den großen Anforderungen in der Antriebstechnik und den hohen Kosten auch die gigantischen Herausforderungen an die Lebenserhaltung, die Strahlenbelastung im All und der körperliche Verfall in der Schwerelosigkeit. Für lange Flüge durchs Universum und die harschen Weltraumbedingungen sind empfindliche Kohlenstoff-Lebensformen wie unsere nicht gut geeignet.
Aus diesen Gründen ist die Raumfahrt einer außerirdischen Intelligenz möglicherweise immer wieder erlahmt, so dass wir heute nur lokale Zivilisationsblasen in den Galaxien finden. Statt in die Ferne zu reisen, würden sich diese Gesellschaften auf sich selbst besinnen und eine komplett nachhaltige Existenz anstreben, wobei eine technische Stagnation ihre Überlebenschancen auf lange Sicht allerdings mindern würde.
Dysonsches SETI
Die SETI-Forscher Bradbury, Mirkovic und Dvorsky haben einen komplementären Ansatz für die Suche nach Außerirdischen entwickelt: Dysonsches SETI (benannt nach dem Quantenphysiker Freeman Dyson, der neue Suchstrategien nach Außerirdischen angeregt hatte). Sie gehen davon aus, dass die Existenz außerirdischer Artefakte nicht weniger plausibel ist als extraterrestrische Funkbotschaften. Im Vordergrund steht für sie daher die Suche nach fortgeschrittenen technischen Produkten und Signaturen (z. B. Megastrukturen) im All.
Einige Astronomen wollen systematisch und quantitativ die Atmosphären von Exoplaneten nach infraroter Abwärme und Umweltverschmutzungen von möglichen technischen Zivilisationen absuchen. Das SETI-Institut plant eine Untersuchung, für die 96 Kameras über die Erde verteilt werden und den Himmel 24 Stunden am Tag nach Lasersignalen absuchen sollen. Dahinter steckt die Idee, dass eine intelligente Zivilisation Laser zur Kommunikation benutzt, oder dass die Abgabe von Laserlicht ein Nebeneffekt von anderen Technologien ist. Dank einer großzügigen Spende der von einem russischen Internet-Milliardär gegründeten Juri-Milner-Foundation startete 2015 das Projekt „Breakthrough-Listen“. Es soll in den kommenden 10 Jahren eine Million Sterne nach technischen Signaturen absuchen, darunter einige Tausend in der Sonnenumgebung und außerdem auch viele in den hundert nächsten Galaxien. Zudem soll die Suche nach Hinterlassenschaften denkbarer Besuche aus der fernen Vergangenheit und Zeugnissen untergegangener kosmischer Kulturen forciert werden: Wissenschaftliche Instrumente, „Zeitkapseln“ oder andere gezielt abgesetzte Botschaften (vielleicht sogar extra markiert und an markanten Orten positioniert), sowie Müll und Grabungsspuren.
Andere Forscher halten Ausschau nach robotischen Erkundungssonden. Manche Wissenschaftler sind überzeugt, dass außerirdische Intelligenzen mit kleinen, künstlich-intelligenten robotischen Sonden, die in der Lage sind, sich zu vermehren, ganze Galaxien erforschen könnten. Auf diese Weise ließe sich die ganze Milchstraße innerhalb von 10 bis 100 Millionen Jahren durchstreifen und große Datenmengen sammeln.
Der britische Astronom Martin Rees ist der Überzeugung, dass wir uns selbst in einer relativ kurzen Übergangsphase in der Entwicklung zu einer postbiotischen Intelligenz befinden. „Organische Intelligenz ist nur ein kurzes Zwischenspiel, bevor die Maschinen übernehmen“, meint Rees. In dem Sinne stünde auch die Menschheit bereits an der Schwelle zu einer posthumanen Existenz. Offen bliebe allenfalls, ob diese organisch sei in Form von Cyborgs (Mensch-Maschinen-Wesen) oder ganz anorganisch in Form von Robotern oder Nanomaschinen mit künstlicher Intelligenz (KI). Möglicherweise erschaffen wir also gerade unsere Nachfahren, die nächste intelligente Spezies auf der Erde, die uns kognitiv weit überlegen wäre.
Denkbar wäre, dass wir bereits in einem postbiologischen Universum leben, das von künstlichen Intelligenzen beherrscht wird. In einer robotischen Technosphäre wäre eine Suche nach biologischen Markern sinnlos. Aber auch für robotische Wesen wäre das Sternenlicht die einfachste und nachhaltigste Energiequelle. Sonst können wir uns nur Schwarze Löcher oder eine bislang unbekannte Physik als Energielieferanten vorstellen. Daher sollten wir einfach auf ungewöhnliche und bizarre Phänomene im Universum achten: Z. B. interstellare Gaswolken mit anomal wenig Deuterium, falls dieser schwere Wasserstoff zur Energieerzeugung in Kernfusionsreaktoren gesammelt wurde; oder ungewöhnliche Mengen an Infrarotstrahlung bei Sternen oder in den Zentren anderer Galaxien, was auf die Abwärme gigantischer Energiekollektoren hinweisen könnte. In den letzten Jahren wurde danach bereits ausgiebig gesucht – doch bisher ohne Ergebnis.
[Von den mehr als 150 000 Sternen, welche die Keplersonde katalogisiert hat, zeigt ein einziger – KIC 8462852 („Tabbys Stern“), ein nach allen Messungen durchschnittlicher Himmelskörper mittleren Alters – eine völlig unerklärliche Lichtkurve. Gelegentlich trübte sich seine Strahlung um rund 1%, dann wiederum um 20%. Kein vorstellbares Planetensystem kann eine derart extreme und unregelmäßige Lichtkurve hervorrufen. Wie sich auch herausstellte, nahm die Helligkeit des Sterns während der Keplermission um 3% ab. Dieser Effekt ist ebenso ungewöhnlich wie die kurzfristigen Sprünge der Lichtkurve. Alle natürlichen Erklärungen (Scheibe aus Staub und Gas, Kometenschwarm, Wolke im interstellaren Medium oder im Sonnensystem, Schwankungen der stellaren Leuchtkraft oder Schwarze Löcher) können nicht voll überzeugen. Die sensationellste Möglichkeit wäre ein künstliches Riesengebilde einer außerirdischen technologischen Zivilisation, das den Stern umkreist. Bislang ist allerdings die Plausibilität dieser Hypothese unklar.]
Folgen eines Kontakts
Stephen Hawking riet vehement davon ab, leichtsinnig Botschaften ins All zu funken, um Außerirdische auf uns aufmerksam zu machen, denn das könnte seiner Meinung nach verheerende Folgen für unsere Zivilisation haben. Die Risiken seien viel größer als die Chancen, da die Außerirdischen nicht unbedingt friedfertig, altruistisch und weise sein müssen – was die Menschen auch zwar gerne wären, aber nicht sind. Sie könnten uns als künftige Konkurrenten um Ressourcen betrachten und ihr Machtinteresse wecken. Es wäre also nicht unbedingt angenehm, wenn wir von höher entwickelten Außerirdischen vereinnahmt würden.
Der Schriftsteller Artur C. Cole meinte allerdings, aggressive Arten würden sich eliminieren, bevor sie zu den Sternen fliegen könnten. Er hält die Kombination einer hoch entwickelte Wissenschaft und einer unterentwickelten Moral auf Dauer für instabil und selbstzerstörend.
Sicher könnte die Auffindung von außerirdischen intelligenten Lebewesen phänomenal wichtig für die Menschheit sein. Man stelle sich vor, was wir alles aus dem Zusammentreffen mit Außerirdischen gewinnen könnten, beispielsweise wissenschaftliche Erkenntnisse, für die wir mit unseren Mitteln noch Hunderte von Jahren brauchen würden. Aber könnten wir, wenn es denn zu einem Kontakt käme, tatsächlich in einen sinnvollen Dialog mit den Außerirdischen eintreten? Das Informationssignal wird nach Ansicht der meisten Forscher aus einer Ansammlung von Impulsen bestehen. Die Frage ist, ob wir überhaupt in der Lage sein werden, daraus eine Botschaft zu lesen. Wir gehen zwar davon aus, dass die Gesetze der Mathematik, Physik und Chemie im gesamten Universum gelten und auch von Außerirdischen gekannt und angewandt werden. Aber ihre wissenschaftliche und technologische Entwicklung hat sicher früher begonnen und ist wahrscheinlich ganz anders verlaufen als bei uns. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dieselbe Art von Wissenschaft betreiben wie wir, sei im Prinzip gleich null oder zumindest vernachlässigbar gering, sagt der Philosoph Nicholas Rescher. Wäre ein Informationsaustausch trotzdem möglich, so wäre ihre Wissenschaft für uns nicht verständlicher, als es das Schaltdiagramm eines Personalcomputers für einen traditionell lebenden Ureinwohner einer abgelegenen Insel wäre.
Auch wären die Motive und Ziele der Außerirdischen für uns wohl unverständlich und so gut wie nicht vorhersagbar. Wenn sich die Zivilisationen aber völlig fremd sind und sie überhaupt nichts gemeinsam haben, wird aus einem Signal – wenn es überhaupt entzifferbar wäre – buchstäblich nichts zu lernen sein. Der Nutzen einer Botschaft von den Sternen wird also letztlich davon abhängen, ob eine außerirdische Zivilisation der unseren hinreichend nahe steht.
Abgesehen davon wäre der Kontakt mit Außerirdischen ein Projekt, das viele aufeinander folgende Generationen umfassen würde. Sollte es, wie manche Theoretiker annehmen, in rund 1000 Lichtjahren eine intelligente Zivilisation geben, bräuchte eine Botschaft dorthin mit Lichtgeschwindigkeit demnach 1000 Jahre. Sie bräuchte dann wieder 1000 Jahre zurück, aber wer weiß, was in 1000 bis 5000 Jahren auf der Erde sein wird. Extrem langfristige Planung einer einigen Menschheit wären notwendig, um eine Zwei-Wege-Konversation über Jahrtausende aufrechtzuerhalten.
Fazit
Es gibt so viele Sterne und Planeten allein in der Milchstraße, dass intelligente Zivilisationen auch anderswo wahrscheinlich sind. Für den Physiker Harald Lesch spricht aber alles dafür, „dass es zur Zeit keine kommunikationsbereiten Zivilisationen in der Milchstraße gibt“. Auch angesichts der ungeheuren Distanzen und gewaltigen Zeiträume ist ein Kontakt relativ unwahrscheinlich. Die Lichtgeschwindigkeit stellt eine fast unüberwindbare Grenze dar, so dass einige Forscher glauben, jede Suchaktion oder gar eine Reise durchs Weltall sei von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Die theoretischen Überlegungen der meisten Astrophysiker laufen darauf hinaus, dass wir auf jeden Fall noch Jahrhunderte oder Jahrtausende suchen müssen, bis wir Außerirdische oder Signale von ihnen aufspüren würden. Ihr Nachweis scheint eine „reine Glückssache“ zu sein, was nicht heißt, dass wir nicht danach suchen sollten. Denn die Frage nach einer außerirdischen Zivilisation ist so fundamental, dass wir ihr auf jeden Fall nachgehen müssen.
Sollte es tatsächlich zu einem Kontakt kommen, wäre es das schwerwiegendste Ereignis in der Geschichte der Menschheit und würde unser Weltbild völlig verändern. Und es würde eine immense Herausforderung für uns bedeuten.
REM